B. 1, 9 3. Ref. Bewegung in den Herzogtümern
lands herum. Daß er sich bekehrt und bis 1539 in Itzehoe als Prediger gewirkt
habe (Schröder in Arch. 4S. 19), scheint eine Fabel zu sein'“).
So dürftig diese Nachrichten sind, so ergibt sich doch, daß gerade in den Elb—
marschen zuerst auf holsteinischem Gebiet das Evangelium von zureisenden Evan—
zelisten gepredigt worden ist. Das hängt vielleicht mit der Nähe Stades zu—
sammen. Das dortige Kloster der „weißen“ Prämonstratensermönche St. Jürgen
ist schon frühzeitig der Mittelpunkt lutherischer Predigt gewesen“). Schon 1522
lehrte der weiße Mönch Johann Hollmann in Stade als bestellter evan—
gelischer Prädikant, im gleichen Jahre traten in Hamburg, im folgenden in Lauen-
burg, weiter in Oldes hoe“) und Lübeck Wanderprediger auf. Weiter will in
Betracht gezogen werden, daß infolge der Verfolgung der Evangelischen, die Kaiser
Karl schon 1522 in den Niederlanden anstellte, viele um ihres Glaubens willen
Vertriebene sich nach Norddeutschland wandten. Für diese aber war, wenn sie auf
dem Seewege kamen, die Elbe ein Haupteinfallstor. Nachweislich finden wir
nanche Niederländer in Dithmarschen; sie mögen auch in den Elbmarschen hier
ind da sich niedergelassen haben.
Bei all diesen und ähnlichen zerstreuten Nachrichten will freilich nicht übersehen
verden, daß das Auftreten eines im Sinne Luthers predigenden landfremden
Mannes noch lange keine eigentliche Reformation des Ortes bedeutet. Von einer
olchen können wir erst reden, wenn an einem bestimmten Orte mit Zulassung oder
auf Befehl der Obrigkeit (der fürstlichen oder städtischen) die lateinische Messe ab—
geschafft und der Laienkelch eingeführt worden ist. Und darüber fehlen uns aller⸗
meisten Orts die Daten. Die Angaben über „erste“ evangelische Prediger sind
liberhaupt mit größter Vorsicht zu behandeln.
Im übrigen sprechen neben solchen Einzelnachrichten auch andre historische Gründe
zür die Annahme, daß tatsächlich gerade die Elbmarschen als Keimzelle der Refor—
mation Holsteins anzusprechen sind: hier ist offenbar nicht nur zuerst evangelische
Predigt erschollen, sondern auch frühzeitig, auch in den Landgemeinden, eine wirk—
liche Reformation durchgeführt worden. Dafür spricht 1. die berechtigte Ver—
mutung, daß hier, in seinem eigentlichen Heimatgebiet, der Einfluß Johann
Rantzaus besonders groß gewesen ist, 2. die besondere Rolle, welche nach der Re—
ormation der „Münsterdorfer Kaland“ gespielt hat.
2. Die Landtage von 1525 und 26.
In dem großen Dunkel, das über der Reformationsgeschichte unseres Landes
iegt, leuchten als ein kleines Licht die plattdeutschen Berichte, welche der lübeckische
Domherr Johann Parper über die Verhandlungen auf den zu Rendsburg
1525 und zu Kiel 1526 gehaltenen Landtagen erstattet hat'“). Aus ihnen ergibt
sich n ichtt, wie man es in der älteren Geschichtsschreibung gerne dargestellt hat,
daß diese Landtage irgendwie eine besondere Station auf dem Wege der Reform
is) Vgl. zur Linden, Melchior Hoffmann (18, S. 145 und 149 f.). Die Meinung, daßi
der Itzehoer Prediger mit dem als Anhänger Hoffmanns Verjagten nicht identisch gewefen sei
Lau S. 109), ist irrig.
i7) Vgl. Reincke a. a. O.
) Nach Lau S. 108 stellte „Friedrich J. shon um 1524 den Peter Petersen als
evangelischen Prediger in Oldesloe an, der von dem vertriebenen Holländer () Peter Chri—
dianvon Brimersheym unterstützt wurde und zugleich auf die Stadt Lübeck einwirkte“.
1au) Hrsq. von Leverkus in AfStuKG 4, S 453 ff.