Allgemeines
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mäßig zum abgenötigten Schuldbekenntnis der Angeklagten, sondern — begreiflicher—
weise — auch zu zahlreichen Beschuldigungen anderer durch die peinlich Befragten.
So zog ein Hexenprozeß oft eine ganze Kette anderer nach sich. Volksaberglaube
und juristische Härte, womöglich noch gestützt und unterbaut von der religiösen
Autorität der Kirche, bewirkten, daß in evangelischen Landen die Scheiterhaufen
ebenso zahlreich brannten, wie in katholischen. Erst gegen Ende des 17. Jahr—
hunderts kam es durch die naturwissenschaftliche Aufklärung und die Bemühungen
von Männern wie den Jesuiten Tanner und Spee, dem Holländer Balthasar
Bekker“) und dem grosien Thomasius, dazu, daß die Hexenbrände allmählich ab—
flauten, um dann im 18. Jahrhundert ebenso wie die Tortur endlich ganz ihr
Ende zu finden.
2. Zauberwesen und Kirche in SH.
Was hier zu diesem Thema gesagt wird, macht nicht entfernt den Anspruch,
eine umfassende Darstellung des in unserm Lande festzustellenden Zauberwesens zu
sein. Was ich bringe, ist lediglich eine kleine Sammlung von Material aus den
von mir benutzten Quellen und insofern ein Beitrag zu einer künftigen Gesamt—
geschichte).
Was hier zulande an volkstümlicher Magie vor allem
getrieben wurde, kann man aus der Gem. Verordnung von 1023 (0.
R.H. 1, 240) ersehen. Hier wird verboten das Wahrsagen, Wicken, Segnen und
Böten.
Der allgemeinste Begriff scheint in dieser Zusammenstellung der des Wicken s.
Wenn ich recht sehe, ist „wicken“ der eigentlich niederdeutsche Ausdruck für „zan
bern“ (der Ausdruck „töwern““ scheint nur eine Ubertragung aus dem Hoch—
deutschen zu sein); jedenfalls wechselt Fabr. zwischen den Ausdrücken „Wickersche“
und „Töwersche“ ab.
Nahe miteinander verwandt sind die Tätigkeiten des „Segenens“ und
„Bötens“ sowie des ebenfalls oft genannten „Raden s“. „Raden“ (curare)
und „Böten“ (bessern) bezeichnen den Zweck des Tuns, „Segenen“ das Mittel,
insofern allemal uralt überlieferte „Segenssprüche““) dabei verwandt wurden.
Bei allen drei Tätigkeiten handelt es sich um Heilung einer Krankheit bei Mensch
oder Vieh, bzw. eigentlich um die Austreibung des bösen Geistes, der die Krankheit
verursacht hatte.
Handelt es sich hier um Austreibung des Dämons, bzw. Heilung einer Krank
heit, so beschäftigt sich eine andere Gruppe magischer Gebräuche damit, den
Dämonen den Zutritt zu einem Feld, einem Stall, einer Wohnung, einem Men
schen zu verwehren, bzw. die Krankheit abzuhalten. Dahin gehören alle Amulette,
welche ja die katholische Kirche als christlich übernommen hatte: doch zog der Bauer
2) Man darf aunehmen, dasit in unserem vielfältig mit Holland sich berührenden Lande
Vekkers „Betoverte Wereld“ (16091) besonders einflußreich gewesen isi.
1) Zusammenfassende Darsteliungen finde ich bis jetzt lediglich bei Jesssen (Jfr, Bd. 2)
und Richard Heberling „Zauberei und Herenprotesse in ShHLauenburg“ (2 1915,
S. 17162 246).
5) Eine ganze Anzahl solcher in SH gebrauchten Sprüche ist in der „Heimat“ Ig. 1923
S. 185 ff. verzeichnet. Ein Wundsegen aus Mölln (16017) lautet: „dasi ihn dies nicht erket
und sterket, nicht kille und schwille, nicht möde und blöde, in nomine 'patris, filii et spiritus.
Amen.“ (Heberling S. 121,)
Feddersen, Kirchengeschichte, B. II.