Full text: 1517 - 1721 (2)

Haderslebensche Reformation 
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Als Christian nach Nordschleswig kam, war dort noch auf keiner Kanzel die 
evangelische Predigt erklungen.“) Ueberhaupt vollzog sich die Haderslebensche 
Reformation in einer ganz anderen Art als die Husumsche. In Husum war sie 
Gemeindesache und durch jahrelange evangelische Predigt vorbereitet wor⸗ 
den. In Hadersleben kam sie plötzlich und unvorbereitet von oben her. Die Haders 
lebensche geradezu typisch für eine mit Energie durchgeführte f ürr stll i ch e Re— 
formation. 
Zunächst ging der Herzog in jugendlichem Uebereifer reichlich überstürzt zu 
Werke. Das erste nämlich, was er tat, war, daß er den Mann, der in dem zum 
Schleswigschen Bistum gehörigen Teil des Gebietes die Visitation der Landkirchen 
gehabt und, wie sein evangelischer Nachfolger Jörgen Boie bezeugt, das Kirchen— 
rechnungswesen in vortrefflicher Weise in Ordnung gehalten hatte, den Dom 
propsten Johann Wulf in Hadersleben'!) seiner kirchenregimentlichen Funk 
tion einfach entsetzte. Die Folge war — so schildert Boie die Sachlage —, daß die 
bäuerlichen Hardesvögte visitierten und Kirchenrechnung abhielten, wodurch eine 
allgemeine Unordnung einriß, viele Kirchengüter verloren gingen und hier und da 
nicht ordinierte junge Leute ins Pfarramt gesetzt wurden. Auch die Haderslebensche 
Priesterschule „wurde verwüstet“ und alles ging unordentlich zu“). Einen noch 
fühlbareren Eingriff in das bisherige Kirchenregiment erlaubte sich der Herzog, 
indem er trotz des Abschiedes des Kieler Landtages kurzerhand verordnete, daß der 
Kornzehnte vom 10. auf das 15. Schoof herabgesetzt und das dem Bischof 
zustehende Drittel davon ganz wegfallen sollte, so daß nur den Kirchen und den 
Priestern ihre Drittel blieben. Die lebhaften Proteste des Schleswiger Bischofs 
von Ahlefeld ließ Christian unbeachtet. Aus dieser Haltung des Fürsten nahmen 
die Bauern der dem Dom zu Ripen verpflichteten Kirchspiele Bröns und 
Fardrup Anlaß, jegliche Zehntenleistung zu verweigern. Auf Beschwerde des 
Archidiakonus von Ripen verlaggte der König von seinem Sohne sehr ernstlich, 
daß er solchem Unwesen — ——— bei ihren Untertanen kein Aufruhr noch 
Widerwärtigkeit erwachse, wie leider in andern Landen (der König hat wohl die 
»u) Wenn Pont. II, 770 berichtet,. Thomas Knudsen, der Vater des dänischen 
Liederdichters Hans Thomesens, habe bereits 1820 in Hpgum das Evangelium gepredigt, 
— 
Knudien erst 1803 geboren ist. Und weder von Johann Alberdes (Albertsen), noch von 
Jörgen Winther haben wir Ursache anzunehmen, daß sie bereits vor des Herzogs An— 
kunft in Hadersleben das Evangelium gepredigt hätten. Ersterer war Lektor im Kollegiatkapitel 
und wurde später Hofprediger, erst Friedrichs J. dann auch Christians III. Er mag sich früh, 
vielleicht sofort nach Christians Ankunft deutlich der neuen Lehre angeschlossen haben. Wenn 
man aber daraus, daß er bei seinem Tode (1537) eine heiratsfähige Tochter hinterlassen hat, 
den Schluß zieht, daß er doch mindestens 1522 sich verheiratet habe und insofern evangelisch 
geworden sei, so ist das voreilig. Denn die Tochter kann ja sehr wohl vorehelich geboren und 
durch spätere Eheschließung legitimiert worden sein. Von Jörgen Winther aber wissen wir 
weiter nichts, als daß er seit 1825 als Concionator (Kaplan) in Hadersleben gewirkt hat; vee— 
mutlich ist er von Christian als evangelischer Prädikant bestellt worden. (Vgl. Rör dam in 
Ny S 2, 200 f.) Mi. drückt sich (S. 7) denn auch vorsichtig dahin aus, daß die neue Lehre 
„im Gefolge des jungen Herzogs“ ihren Einzug gehalten habe. 
'1) Auch für seine eigene Tasche wußte J. Wulf gut zu arbeiten. Val. Achelis S. 50 ff. 
22) Wenn außerdem von altgläubiger Seite berichtet wird ( KS III. R. Bd. 2, 235), daß 
Herzog Christian aus den Kirchen seiner Aemter Monstranzen, Kelche und andere Schmuck- 
gegenstände (silberne Heiligenbilder u. dal.) „geraubt“ habe, so ist das wohl nicht als refor 
matorischer Akt, sondern vielmehr als Kriegsmaßnahme bzw. als Finanzoperation aufzufassen: 
dasselbe geschah zu jener Zeit mit Zustimmung der Bischöfe in Reichsdänemark, ohne daß dabei 
von Reformation. die Rede war.
	        
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