Haderslebensche Reformation
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Als Christian nach Nordschleswig kam, war dort noch auf keiner Kanzel die
evangelische Predigt erklungen.“) Ueberhaupt vollzog sich die Haderslebensche
Reformation in einer ganz anderen Art als die Husumsche. In Husum war sie
Gemeindesache und durch jahrelange evangelische Predigt vorbereitet wor⸗
den. In Hadersleben kam sie plötzlich und unvorbereitet von oben her. Die Haders
lebensche geradezu typisch für eine mit Energie durchgeführte f ürr stll i ch e Re—
formation.
Zunächst ging der Herzog in jugendlichem Uebereifer reichlich überstürzt zu
Werke. Das erste nämlich, was er tat, war, daß er den Mann, der in dem zum
Schleswigschen Bistum gehörigen Teil des Gebietes die Visitation der Landkirchen
gehabt und, wie sein evangelischer Nachfolger Jörgen Boie bezeugt, das Kirchen—
rechnungswesen in vortrefflicher Weise in Ordnung gehalten hatte, den Dom
propsten Johann Wulf in Hadersleben'!) seiner kirchenregimentlichen Funk
tion einfach entsetzte. Die Folge war — so schildert Boie die Sachlage —, daß die
bäuerlichen Hardesvögte visitierten und Kirchenrechnung abhielten, wodurch eine
allgemeine Unordnung einriß, viele Kirchengüter verloren gingen und hier und da
nicht ordinierte junge Leute ins Pfarramt gesetzt wurden. Auch die Haderslebensche
Priesterschule „wurde verwüstet“ und alles ging unordentlich zu“). Einen noch
fühlbareren Eingriff in das bisherige Kirchenregiment erlaubte sich der Herzog,
indem er trotz des Abschiedes des Kieler Landtages kurzerhand verordnete, daß der
Kornzehnte vom 10. auf das 15. Schoof herabgesetzt und das dem Bischof
zustehende Drittel davon ganz wegfallen sollte, so daß nur den Kirchen und den
Priestern ihre Drittel blieben. Die lebhaften Proteste des Schleswiger Bischofs
von Ahlefeld ließ Christian unbeachtet. Aus dieser Haltung des Fürsten nahmen
die Bauern der dem Dom zu Ripen verpflichteten Kirchspiele Bröns und
Fardrup Anlaß, jegliche Zehntenleistung zu verweigern. Auf Beschwerde des
Archidiakonus von Ripen verlaggte der König von seinem Sohne sehr ernstlich,
daß er solchem Unwesen — ——— bei ihren Untertanen kein Aufruhr noch
Widerwärtigkeit erwachse, wie leider in andern Landen (der König hat wohl die
»u) Wenn Pont. II, 770 berichtet,. Thomas Knudsen, der Vater des dänischen
Liederdichters Hans Thomesens, habe bereits 1820 in Hpgum das Evangelium gepredigt,
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Knudien erst 1803 geboren ist. Und weder von Johann Alberdes (Albertsen), noch von
Jörgen Winther haben wir Ursache anzunehmen, daß sie bereits vor des Herzogs An—
kunft in Hadersleben das Evangelium gepredigt hätten. Ersterer war Lektor im Kollegiatkapitel
und wurde später Hofprediger, erst Friedrichs J. dann auch Christians III. Er mag sich früh,
vielleicht sofort nach Christians Ankunft deutlich der neuen Lehre angeschlossen haben. Wenn
man aber daraus, daß er bei seinem Tode (1537) eine heiratsfähige Tochter hinterlassen hat,
den Schluß zieht, daß er doch mindestens 1522 sich verheiratet habe und insofern evangelisch
geworden sei, so ist das voreilig. Denn die Tochter kann ja sehr wohl vorehelich geboren und
durch spätere Eheschließung legitimiert worden sein. Von Jörgen Winther aber wissen wir
weiter nichts, als daß er seit 1825 als Concionator (Kaplan) in Hadersleben gewirkt hat; vee—
mutlich ist er von Christian als evangelischer Prädikant bestellt worden. (Vgl. Rör dam in
Ny S 2, 200 f.) Mi. drückt sich (S. 7) denn auch vorsichtig dahin aus, daß die neue Lehre
„im Gefolge des jungen Herzogs“ ihren Einzug gehalten habe.
'1) Auch für seine eigene Tasche wußte J. Wulf gut zu arbeiten. Val. Achelis S. 50 ff.
22) Wenn außerdem von altgläubiger Seite berichtet wird ( KS III. R. Bd. 2, 235), daß
Herzog Christian aus den Kirchen seiner Aemter Monstranzen, Kelche und andere Schmuck-
gegenstände (silberne Heiligenbilder u. dal.) „geraubt“ habe, so ist das wohl nicht als refor
matorischer Akt, sondern vielmehr als Kriegsmaßnahme bzw. als Finanzoperation aufzufassen:
dasselbe geschah zu jener Zeit mit Zustimmung der Bischöfe in Reichsdänemark, ohne daß dabei
von Reformation. die Rede war.