Full text: 1517 - 1721 (2)

Bd. l, 9 4. Melchior Hoffmann 
Nachdem die Sache Melchior erledigt war, kam Johann von Kampen 
dran. 
Johann Rantzau fuhr ihn an: „Was sagt Ihr vom Sacramente? Ihr mögt 
wohl in der Schrift bewandert sein, das rüge ich nicht; aber ich kenne Euch als 
einen verzweifelten Buben, das habt Ihr an meiner Schwester bewiesen?!a). Sagt 
an jetzt!“ (zur Linden, S. 146.) Der Inculpat erklärte, er könne nicht glauben, daß 
Christus im Brote sei. Die Einsetzungsworte verstand er wie Hoffmann: das 
Brot ist der Leib Christi, aber der, der im Glauben genossen wird. 
Nachdem über diese zweifelhafte Formel lange hin und her geredet war, nahm 
man Jakob Hegge vor. Er meinte, daß er durch die verschiedenen Streit— 
schriften zu Zweifeln an der lutherischen Lehre gekommen sei, sich indessen gerne 
belehren lassen wolle. Machdem Bugenhagen erklärt hatte, daß man solche, die da 
weifelten, nicht verwerfe, „ward Herr Jacob Hegge befohlen, daß er sich zu denen 
hielte, die ihn mit Gottes Wort unterrichten könnten“. 
Als darauf die Menge schon herausdrängte, stürzte ein Mann herein, der sich 
Johann Barse nannte. Mit aufgeregten Gesten und Worten erklärte er, er 
wolle sich mit dem Kürschner brennen lassen; die Wittenberger machten mit ihrer 
Lehre: in und unteer dem Brot sei der Leib Christi, neue Artikel des Glaubens. 
Er aber stehe auf Gottes Wort, das sage: das i st mein Leib. So sei es auch, man 
esse Christi Fleisch, und zwar, wie Augustinus lehre, im Glauben. „Ich gläube viel 
mehr dem Augustino, denn dem Pomerano.“ 
Der lärmenden Heiterkeit, welche dieser Mann in der Menge verursachte, suchte 
Herr Stephan, Pfarrherr zu Hamburg, zu wehren, indem er das Präsidium 
bat, Silentium zu verschaffen, damit man nicht nachher sage, es sei was Großes in 
dieser Disputation aufgebracht und man habe es nicht hören wollen. Als wieder 
Stille eingetreten war, wurde Johann Barse in recht herablassender Weise von 
Herrn Stephan belehrt, daß Augustin an anderen Stellen im Sinne der Real— 
präsenz gelehrt habe. 
Am Ende der Action wurden beide Theil gefragt, „ob sie noch mehr Artikel wider 
einander fürzubringen hätten. Da haben sie auf beiden Seiten geantwortet: Mein.“ 
Amfolgenden Tage beriet sich der König mit seinen Ratgebern, was in 
der Sache zu tun wäre. Einig war man sich in dem Urteil, daß die Aeußerungen 
Hoffmanns und seiner Genossen eine „offenbare Verleugnung des Wortes und 
Befehls Christi vom Sakrament“ und solcher Irrtum nicht zu dulden sei. Die 
Strafe betreffend waren etliche für ein schärferes Verfahren, weil Hoffmann sich 
selber „den Galgen, das Rad, das Feuer, das Wasser erwählet hätte, wo er in 
seiner Lehre unrecht befunden würde““, und weil er „als ein Müntzerischer Auf— 
rührer öffentlich in der Disputation gesagt hätte, daß noch viel Bluts müsse ver— 
gossen werden, darum daß die andern Prediger vom Sakrament nicht lehren woll⸗ 
ten, wie er lehrte“. Es siegte jedoch — wie es scheint, von Bugenhagen befürwortet 
— der mildere Vorschlag, daß sie, wenn sie nicht widerrufen wollten, des Landes 
verwiesen werden sollten. 
Am dritten Tage wurde im Franziskanerkloster dies Urteil feierlich 
proklamiert. Hoffmann, von Kampen und für diesmal auch Hegge verweigerten 
einen Widerruf. 
Damit war ihr Schicksal besiegelt. Binnen zwei Tagen hatten sie ihren Wohnort 
und binnen drei Tagen darauf das königliche Gebiet zu verlassen. Jakob Hegge hat 
240) Gemeint ist die Itzehoer Aebtissin.
	        
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