58
B. 1, 9 5. Resormation Dithmarschens
Landeskirche auf dem Boden SHs, die neben der durch Fürstenwillen geschaffenen
Haderslebenschen einen durchaus anderen Typus darstellt.
Leider hat diese neue Landeskirche nur ein Vierteljahrhundert hindurch be
standen: mit der politischen Unterwerfung des freien Dithmarschens durch die drei
Fürsten Holsteins 1559 ging auch die Einheit und die Sonderexistenz der dith—
marsischen Kirche verloren.
Der Erhaltung und guten Ordnung des Kirchenwesens in dem eroberten Lande
haben die drei Fürsten, gewiß auch in der Meinung, im evangelischen Predigtamte
künftig eine gute Stütze ihrer Herrschaft zu besitzen, besondere Sorgfalt zugewandt.
Gleich nach der Eroberung richteten die versammelten Geistlichen des Landes an
die Fürsten eine Supplik'“). Manche Kirchen waren durch das Kriegsvolk
zgeschändet („gescampferet““) und samt Schulen und Pfarrhäusern verbrannt.
Die Kirchenvorstände hatten die Absicht, mehrere Pfarrer und Schulmeister (wohl
für einige Zeit) zu entlassen und die Einkünfte zur Wiederherstellung der Ge—
bäude zu gebrauchen. Gegen diese Absicht rief man den Schutz der Fürsten an.
Ferner bat man — die dithmarscher Geistlichkeit war gut lutherisch — man möge
„neben der reinen Lehre und Predigt des Evangeliums sie bei ihrer langbewährten
Kirchenordnung bleiben lassen, damit durch Erwählung christlicher Super—
ntendenten und Einseher der Kirchen in fleißiger Examination, um alle Ketzerei
uind Schwärmieerei, die sich (Gott erbarme) in diesen Tagen allenthalben rühren,
zu vermeiden, niemand ungeprüft und wohl untersucht zum Predigtamte auf
genommen werde“. Die Fürsten gaben im ganzen dieser Supplik gnädig nach.
Damit das bisherige Kirchengut für seine Zwecke erhalten bliebe, mußten In—
ventarien von sämtlichen Gemeinden eingerichtet werden'““). Dann hatten freilich
die Geistlichen zunächst sich selber der von ihnen gewünschte Eramination
zu unterwerfen. Am Dienstag vor Martini musiten sie sämtlich in Rends,
hurg erscheinen, um vor einer Kommission, bestehend aus drei Amtmännern
und den drei fürstlichen Predigern, auf ihren Glauben und ihr Wissen geprüft
zu werden. Es fanden sich doch etliche „gar ungelehrte, die billig ihres Amtes
entsetzt werden müssen“, doch wurden diese ebenso wie die besseren ihrem Amte er—
halten, freilich mit dem Beding, daß sie sich nach drei Monaten einer neuen Prüfung
durch die Superintendenten zu unterwerfen hätten. Die drei als die tüchtigsten
befundenen wurden zu Superintendenten oder nunmehr Pröpsten ernanni
und den drei Teilen, in die das Land nunmehr zerfiel, vorgesetzt: Hinrich Dimer—
brok-⸗Brunsbüttel dem königlichn Süderteil, M. Jobann Spelberg-Wessel—
buren aus Lennep dem Herzog Johann gehörigen Mitstelteil und Theedorich
Tant-Weddingstedt dem Herzog Adolf gehörigen Norderteil. Dieselbe
Kommission erlies am 10. November den sog. Rendsbur gischen Ersten
Abschied (Neocorus II, S. 443 ff.), welcher die Grundzüge der neuen
Kirchenverfassung Dithmarschens festlegte. Das Wesentliche war, daß die S. H.
Kirchenordnung von 1542 auch in Dithmarschen eingeführt und damit die bisher
gültigen Landesverordnungen aus der Reformationszeit aufgehoben wurden.
Neben der allgemeinen Kirchenordnung wurden noch einige besondere Artikel
„gestellet und zu halten eingesetzt““. Diese betrafen besonders die Abhaltung der
„Kirchenrechenschaft“, der jährlichen Visitation: diese haben die Pröpste
i4) A. Michel sen, Urkundenb
vX9 „Urkundenbuch zur Gesch. des Landes Dithmarschen (Altona 1834)
5) Vgl. das wertvolle Register bei Michelsen a. a. O. S. 220 ff.