Auflösung der dithmarsischen Landeskirche
„sambt dem Vagede deß Ordeß“ (dem betr. fürstlichen Landvogte)
abzuhalten — damit wird das in den Fürstentümern bestehende weltlich-geistliche
Kirchenvisitatorium auch für Dithmarschen eingerichtet. Statt der bisher von
den Gemeinden selbst gewählten sollen in jedem Kirchspiel zur moralischen
Ueberwachung der Gemeinden zwei Eidgeschworene von den Wögten ernanni
werden. Als einziges Residuum des bisherigen Kirchenregimentes blieb die zwei—
mal jährlich abzuhaltende ganz Dithmarschen umfassende Synode (Kaland)
der drei Superintendenten und sämtlicher Geistlichen zur Untersuchung und Ab—
schaffung etwaiger „Mängel und Gebrechen“ bestehen, jedoch sollen künftig die
drei Landvögte daran teilnehmen.
Auch dieser letzte Rest der kirchlichen Einheit Dithmarschens hat nur kurze
Zeit Bestand gehabt: bald gab es für jeden Landesteil seinen besonderen Kaland.
Und vollends nach der Zweiteilung des Landes 1581 hat jede kirchliche Verbindung
zwischen den beiden Teilen aufgehört. Unter verschiedenen Kirchenregimenten,
hier dem königlichen, dort dem gottorfschen, hat sich trotz gleicher Kirchenordnung
und völkischer Zusammengehörigkeit in Süder- und Norderdithmarschen ein
charakteristisch verschiedenes Kirchentum herausgebildet, dessen Spuren noch heute
deutlich zu erkennen sind: die durch die Reformation entstandene einheitliche
dithmarscher Landeskirche ist spurlos verschwunden.
56. Die Reformation Hamburgs.
Waren Hamburg und Lübeck von den „Herzogtümern“ politisch mehr oder
weniger geschieden — wirtschaftlich und kulturell standen sie mit dem ganzen
Lande in der engsten Verbindung. Sie waren die einzigen „Grosistädte““ (Ham—
burg hatte um 1500 15 000, Lübeck 30 000 Einwohner); sie waren die Mittel
punkte des Handels, der höheren handwerklichen und künstlerischen Produktion,
namentlich, was für unser Wissensgebiet besonders wichtig ist, des Buchdrucks
und des Buchhandels. Die kirchliche Bedeutung, die sie vor der Reformation als
Sitz der höchsten kirchlichen Behörden Holsteins hatten, haben ste nach derselben
in gewisser Weise behalten, indem in ihren reich besoldeten Pfarreien die führenden
Theologen saßen, die in unserm bis 1005 eines wissenschaftlichen Mittelpunktes
entbehrenden Lande so spärlich vertreten waren. So ist die verhältnismäßig früh
einsetzende Reformation dieser beiden Städte auch für unser Land ohne Frage
von größter Bedentung gewesen, und eine Geschichte derselben, wenn auch nur
in der Form einer kurzen Uebersicht, kann in unserm Zusammenhange nicht ent
behrt werden“
1. Hamburg bis zur Ankunft Bugenhagens (1522- 1528).
Zur Zeit der Reformation besaß Hamburg auster dem (1806 abgebrochenen)
Dom vier Pfarrkirchen, St. Petri, St. Jacobi, St. Nicolai und St. Katha—
rinen. Die nächsten Pfarrkirchen in Holstein waren Mienstedten, Eppendorf und
) Literatnur j. bei Witt S. 185 ff. Auser Sillem, Einführung der Ref. in Hamburg
(Schrr. des VfRefgesch. 10, Halle 1880) ist von mir für Hamburg besonders benutzt worden
Kurt Beckey, Die Reformation in Hamburg (1929), sewie die kurze und schöne Dar—
siellung „Hamburg im ZA der deutschen Ref.“ von H. Reincke in „Hamburg Einst und
Vetzt“ (1935)9 S. 29358