Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

Beleg für die Rechtsidentität einer Forderung und Verpflichtung 
an sich mit einer körperlichen Sache ist die Entstehung eines 
Forderungsrechtes durch das Erwerbssymbol. Selbstverständlich 
ist demnach, daß gegen die Übertragung ‚von. Forderungen und 
gegen die Stellvertretung zur Abschließung eines Vertrages kein 
gesetzliches Hindernis besteht. Die Person, gegen welche eine 
Forderung oder Verpflichtung vorhanden ist, braucht daher nicht 
an sich bestimmt zu sein, sondern sie kann auch. ihre Be- 
stimmung durch den Besitz gewisser Sachen und Eigenschaften 
erlangen, sodaß sich die Forderung oder Verpflichtung eigentlich 
gegen .die Sache oder Eigenschaft richtet, und nur, um ‘den 
persönlichen Charakter des obligatorischen Verhältnisses zu 
wahren, direkt auf den Inhaber dieser Gegenstände-oder Eigen- 
schaften sich beziehen muß. 
Das obligatorische Rechtsverhältnis geht zwar von seinen 
Subjekten aus, aber es wird, sobald es entstanden ist, in seinen 
beiden Faktoren, Forderung und Verpflichtung (siehe oben Dar- 
gelegtes), zu einer in sich begründeten, absoluten, von jeder 
Individualität getrennten Substanz, deren Kräfte und Eigen- 
schaften sich sinnlich in den Handlungen beliebiger Personen 
darstellen. Daher eben die Auffassung: daß eine Verpflichtung 
ebenso wie gegen einen bestimmten Gläubiger, auch gegen die 
Gesamtheit aller. Menschen, gegen die Allgemeinheit entstehen 
kann. Demnach findet eine Übertragung der Obligation durch 
bloße Überlieferung des Papiers statt, da ja das Geschäft, das 
vermittels des Papiers mit dem Publikum eingegangen ist, sich 
ebenso auf den Zessionar wie auf den Zedenten bezieht. Der 
Inhaber des Papiers ist also gleichsam Mitglied einer Gesamt- 
gläubigerschaft (dies ist die juristische Konstruktion Auerbachs). 
Es liegt also (wie man denselben Gedanken mit. anderer 
Wendung ausdrücken kann) im jüdischen Recht keine Nötigung 
vor, unter den Subjekten einer Obligation Personen zu denken. 
Auch Eigenschaften oder Sachen können durch ihre natürlichen 
Vertreter eine Obligation bilden. Der Wille des Herrn kann auf 
eine Sache. übertragen werden, wodurch dem leblosen Gegen- 
stande die einem Rechtssubjekt notwendige Willensmanifestation, 
also ein Tatbestand, der durchaus nicht in der Natur des Rechts- 
subjekts eine Begründung zu haben braucht, zugesprochen werden 
soll.‘ Beim Inhaberpapier kann denn auch der Inhaber als
	        
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