Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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in Frage kommt). Seit dreihundert Jahren also entscheidet der 
Schulchan Aruch, wenn etwa Meinungsverschiedenheiten über 
die Auslegung des Gesetzes entstehen (das selbst natürlich immer 
und ewig in der Thora verankert bleibt). So heißt es denn auch 
kurz und bündig in dem von mir schon erwähnten Lehrbuche 
Sterns, das sich landesrabbinerlicher Approbation erfreut, wie 
wir sahen: „In erster Reihe gilt der Schulchan Aruch des R. Jos. 
Karo mit den Anmerkungen des R. Mose Isserlin und den Glossen, 
welche den Ausgaben beigedruckt sind, in ganz Israel als das- 
jenige Gesetzbuch, nach welchem wir unser rituelles Leben ein- 
zurichten haben“ (S. 5. Der Satz ist im Original gesperrt ge- 
druckt).  Niedergeschlagen gleichsam ist das Gesetz in den 
613 Vorschriften, die Maimonides aus der Thora aufgestellt hat und 
die heute noch geltert‘“ ‚Nach der Überlieferung unserer Weisen 
s. A. hat Gott durch Moses dem Volke Israel 613 solche Vor- 
schriften erteilt und zwar 248 Gebote und 365 Verbote. Alle 
diese sind von ewiger. Gültigkeit; nur sind Tedanieen derselben, 
welche auf das Staatsleben und den Ackerbau ifi Palästina und 
auf den Tempeldienst in Jerusalem sich beziehen, für die in der 
Zerstreuung lebenden Israeliten unausführbar. Für uns sind noch 
369 Vorschriften, 126 Gebote und 243 Verbote erfüllbar, wozu 
noch die 7 rabbinischen Gebote kommen‘‘ 44, ; 
Nach diesen Schriften also haben die strenggläubigen Juden 
der letzten‘ Jahrhunderte gelebt und leben sie heute noch: 
immer soweit sie sich von der rabbinischen Lehre leiten ließen 
und nicht selbst sich auf Grund eigener Lektüre der Quellen 
eine eigene Meinung bildeten. Nach diesen Schriften haben wir 
also auch die Vorschriften zusammenzustellen, die für das religiöse 
Wesen im einzelnen Falle bestimmend ‘waren. Das „Reform- 
judentum‘“ kommt für uns überhaupt nicht in Betracht. Auf 
Modernität frisierte Bücher, wie die meisten neuzeitlichen Dar- 
stellungen. der „Ethik des Judentums‘ sind für unsere Zwecke 
gänzlich belanglos. 
Und zwischen jenen jüdischen Lehren echten Gepräges 
und dem Kapitalismus Zusammenhänge nachzuweisen, ihre Be- 
deutung für das moderne Wirtschaftsleben aufzuzeigen: das soll 
die Aufgabe der folgenden Darlegungen sein. 
Sombart, Die Juden
	        
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