Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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steigerung der Thora-Ämter‘ an den Meistbietenden: Ehe die 
Gesetzesrolle in der Synagoge aus dem heiligen Schranke geholt 
wird, geht der Küster oder Schulklopfer rings um den Almenor, 
d. i. den Katheder herum und ruft die bei dem Heraus- und 
Hereintragen der Thora vorkommenden Ämter und Verrichtungen 
mit den Worten zum Verkauf aus: Wer kauft das Hozoa ve 
ha-chenosa (Heraus- und Hineinlegen)? Wer kauft das Ez ha- 
chajim (Verrichtung, die Thora beim Zuwickeln in der Hand zu 
halten)? Wer kauft Hagboah (Aufheben der. Thora)? Wer 
kauft Gelilah (Auf- und Zuwickeln)? Diese Ämter werden auf 
Meistgebot versteigert — dem Meistbietenden beim dritten Auf- 
ruf zugeschlagen... Das erlöste Geld wird für die Armen der 
Synagoge verwendet. Heute ist die Auktion vielfach aus dem 
jüdischen Gottesdienst gestrichen. Man kann sie aber selbst im 
Berliner Ghetto noch in voller Blüte sehen. Früher war sie 
wohl allgemein ein Bestandteil des Gottesdienstes 1, ; 
Seltsam muten uns aber auch die Reden so vieler Rabbanen 
an, die zuweilen wie gewiegte Geschäftsleute über die 
schwierigsten ökonomischen Probleme streiten, und die sehr 
häufig Grundsätze aufstellen, die gar. nicht anders denn als 
Aufmunterung zu einem emsigen Erwerbsleben aufgefaßt werden 
können. Es wäre reizvoll, aus dem Talmud allein die Stellen 
zu sammeln, in denen moderne Erwerbsprinzipien von diesem 
oder jenem Rabbi vertreten werden (die ja in der Tat oft genug 
selbst große Geschäftsleute waren): Ich denke z. B. an folgende 
Ausführungen: Baba mezia 42a: Auch dieses hat R. Jizchak noch 
bemerkt: „Der Mensch soll immer sein Geld in 
Gebrauch haben“. . Ferner ‚erteilte R. Jizchak den guten 
Rat: immer drittele der Mensch sein Vermögen; ein Drittel 
(lege man an) in Grundstücken; ein Drittel in Waren und ein 
Drittel behalte er in Händen. Dann fügte R. Jizchak auch 
dieses noch hinzu: der Segen waltet nur da, wo die Gegen- 
stände dem Auge entzogen sind. Denn es heißt: „Der Ewige 
wird dir den Segen befehlen in Deine Vorratshäuser‘, (Übers. 
Sammter). 
Pesahim 113a: ‘Rabh sprach zu seinem Sohne Ajba: ... 
Komm ich will dich nun weltliche Dinge lehren: Während der 
Staub sich noch an Deinen Füßen befindet, verkaufe Deine Ware 
[also:. rascher Umsatz wird gepredigt!] ... Zuerst öffne den
	        
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