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Hinsicht eine anthropologische Unterschiedlichkeit zwischen Asch-
kenazim und Sephardim sehr wahrscheinlich ist, ist man auf
Grund persönlicher Beobachtung anzunehmen sehr geneigt, Der
schlanke, elegante Spaniole mit den schmalen Händen und Füßen,
der scharfgebogenen, knochigen Nase — Onkel Iason — und
der plumpe, krummbeinige Aschkenaz mit der breiten, fleischigen
Hethiternase — Vetter Julius -— erscheinen dem Laien
durchaus als zwei verschiedene Typen. Aber wie gesagt: einst-
weilen besteht noch keine Möglichkeit, dieses „Empfinden‘ zu
einer wissenschaftlich begründeten Erkenntnis zu gestalten.)
Strittig ist im-Augenblick auch noch: ob die heutige Juden-
schaft in Pphysiologisch-pathologischer Hinsicht einheitlich und
unterschiedlich von den umgebenden Völkern veranlagt sei. Daß
bestimmte physiologisch-pathologische Besonderheiten den Juden
anhaften, kann nicht bestritten werden: frühe Menstruation,
mangelnde Disposition für Krebs, namentlich Gebärmutterkrebs,
starke Disposition für Diabetes, Geisteskrankheiten usw. Aber
diejenigen, die eine physiologisch-pathologische Eigenart der Juden
leugnen, glauben jene Besonderheiten aus der sozialen Stellung
der Juden, ihren religiösen Gebräuchen usw. genügend erklären
zu können ®?, Man wird sagen müssen, daß auch für den Ent-
scheid in diesem Punkte das Material, auf das sich die Beur-
teilung stützen muß, noch nicht umfangreich genug ist, und daß
wir einstweilen uns mit einem non liquet zufrieden geben müssen.
Was dagegen wiederum außer allem Zweifel steht, ist die
physiognomische Verwandtschaft der Juden in der Gegenwart,
Die Physiognomie ist bekanntlich das Produkt zweier Faktoren:
bestimmter Gesichtsformen und bestimmter Ausdrucksweisen in
diesen und mittels dieser Formen. Sie entzieht sich der Messung
und Auszählung, denen alle anderen somatischen Eigenschaften
unterliegen und muß geschaut werden. Ebensowenig wie es für
den Farbenblinden Farben auf der Welt gibt, ebensowenig kann es
für den Menschenblinden Physiognomien geben. Wenn Friedrich
Hertz beispielweise von sich sagen würde °®%, daß er „bei gut
drei Viertel der gebildeten und wohlhabenden Juden . . . nicht
mit voller Sicherheit die Abstammung aus dem Äußeren fest-
stellen‘ könne, so ließe sich dagegen gewiß nichts einwenden.
Dagegen möchte ich mich entschieden gegen seine Behauptung
wenden:. das könne „ein guter Beobachter‘‘ nicht feststellen.