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Darin irrt er. Schon ein mittelmäßiger Beobachter kann es mit
ziemlicher Sicherheit. Daß „die jüdische Physiognomie‘‘ heute
noch eine Realität ist, wird nur von ganz wenigen in‘ Zweifel
gezogen werden. Wobei zu beachten ist, daß es selbstverständ-
lich unter den Juden zahlreiche Individuen gibt, die ganz und
gar nicht „jüdisch‘‘ aussehen und ferner: daß auch unter nicht-
jüdischen Völkern Judenphysiognomien vorkommen.. Ich möchte
zwar nicht mit Stratz®* die Habsburger wegen ihrer herab-
fallenden Lippe oder. die französischen Ludwige wegen ihrer
starken Nasen als jüdisch aussehend bezeichnen; aber unter
manchen orientalischen Völkern (vielleicht - auch unter den
Japanern) finden sich zweifellos jüdische Typen, die (dem Reli-
gionsbekenntnis nach) keine Juden sind. Aber das scheint
mir nichts gegen die anthropologische Besonderheit der Juden
zu beweisen, sondern nur dafür, daß jene Völker und die Juden
vielleicht gemeinsame Vorfahren haben. (Nach Japan verlegt man
bekanntlich — wie übrigens an andere Orte der Erde auch —
das Endziel der Wanderung der verschollenen zehn Stämme
Israels: die außerordentliche Ähnlichkeit, die zwischen japani-
schem und jüdischem Wesen obwaltet, würde eine solche — im
übrigen natürlich völlig phantastische — Hypothese vortrefflich
stützen!) Die Judenphysiognomie als Dekadenzerscheinung ganz
allgemeiner Natur anzusehen, wie es Stratz tut, oder sie (wie
Ripley) aus dem Ghettoleben zu erklären, geht nun aber auch
nicht wohl an angesichts der zweifellosen Tatsache, daß wir den
echten Judentypen auf den Denkmälern Ägyptens und Baby-
loniens schon in sehr früher Zeit begegnen. Man braucht nur
die Abbildungen der jüdischen Kriegsgefangenen aus der Epoche
Schischaks (973 v. Chr.) oder die Gesandten am Hofe Sal-
manassars (884 v. Chr.) sich anzuschauen °®, um festzustellen,
daß sich seit jener Zeit bis heute, also in bald dreitausend Jahren,
wesentliche Veränderungen in der Judenphysiognomie nicht voll-
zogen haben. Auch daraus wird man eine Bestätigung für die
Richtigkeit der Anschauung entnehmen können, daß der jüdische
Volksstamm in. anthropologischer Hinsicht eigenartig ist, und daß
seine Eigenarten eine außergewöhnlich große Konstanz auf-
weisen.