Full text: Die Juden und das Wirtschaftsleben

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im Gelde ihr höchstes Gut zu erblicken, und daß sie frühzeitig 
gezwungen wurden (wegen der Unsicherheit ihrer Lage), allen 
Reichtum nach Möglichkeit in leicht beweglicher Gestalt, also 
in Gold (Geschmeide). bei sich zu tragen, um ihn jederzeit ver- 
bergen oder mitnehmen zu können. So bedeutsam diese äußeren 
Umstände für die Entwicklung des jüdischen Reichtums gewesen 
sein mögen, so sind sie doch natürlich nicht hinreichend, diesen 
selbst zu erklären. , Ich sehe ganz davon ab, daß jene äußere 
Lage, damit sie die genannte Wirkung ausüben konnte, Menschen 
ganz bestimmter Veranlagung treffen mußte (wie ich es für 
ähnliche Fälle*schon ausgeführt habe); sehe davon ab, daß jene 
Tatsachen doch nur in der Diaspora wirken konnten: der wichtigste 
Einwand, der gegen die Stichhaltigkeit jener Beweisführung er- 
hoben werden muß, ist doch natürlich der, daß jene eigentüm- 
liche Lage nur den Wunsch. der Juden, reich zu sein, erklärt 
(und außerdem die Vorliebe für eine bestimmte Form des Reich- 
tums). Daß aber der Wunsch in diesem Falle noch weniger als 
in anderen Fällen genügt, um auch seiner Erfüllung teilhaftig 
zu werden, ist — Gott sei’s geklagt — eine nur allzu bekannte 
Tatsache. 
Wir müssen also, wenn wir den jüdischen Reichtum er- 
klären wollen, nicht nach Gründen suchen, weshalb die Juden 
reich zu sein wünschen mußten (wer übrigens hätte diesen 
Wunsch auf Erden nicht, seit Alberich das Geld aus dem Rhein 
entwendete?!), sondern nach den Gründen, die sie hbefähigten, 
reich zu werden (oder reich zu bleiben). Da hat man denn oft 
mit Recht wiederum auf eine Eigenart der äußeren Lage hin- 
gewiesen, in der sich die Juden Jahrtausende lang befunden 
haben: daß sie nämlich infolge ihrer Zurücksetzung im bürger- 
lichen Leben viel weniger Geld. auszugeben Veranlassung gehabt 
hätten als Christen in gleicher Vermögenslage. Ihnen sei der 
Begriff der standesgemäßen Lebenshaltung immer fremd geblieben 
und mit ihm .„„‚tausenderlei gemachte Bedürfnisse und Standes- 
aotwendigkeiten.‘“ ‚,‚Gewiß ist‘, sagt ein Schriftsteller, der diesen 
Zusammenhängen mit feinem Gefühle nachgegangen ist®%, „daß 
der Jude, gegen. einen gleich vermögenden Christen gestellt, 
immer reicher werden muß, als dieser, da der Christ tausenderlei 
Mittel und Wege hat, von seinem Gelde zu verschwenden, die 
der Jude nicht zu betreten braucht, eben weil jener zur herr-
	        
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