COUTHON
Couthon war ein junger Advokat zu Clermont, ehe er in die Nationalversammlung und
später in den Konvent geschickt wurde. Er trieb seinen Glauben an die Revolution bis
zum Fanatismus, der zuerst milde und nachdenklich war und dann blutig wurde. Der Herd
dieser Seele voll Liebe und Hoffnung für die Menschheit wurde später der Krater eines
heimlichen Vulkans, der gegen die Feinde seiner Ideen losbrach. Je schöner die Träume
des Menschen sind, um so erbitterter ist er gegen alles, was sie umstößt. Couthon war
Philosoph. Sein Gesicht war anmutig, sein Blick heiter, seine Unterhaltung ernst und schwer-
mütig. Eine junge Frau und ein Kind nährten die Zärtlichkeit seiner Seele und trösteten
ihn über seine körperliche Hilflosigkeit: ihm fehlte der Gebrauch seiner Beine. Die Ur-
sache dieses Gebrechens erweckte für sein Unglück Interesse; denn die Liebe hat es ver-
schuldet. Als er in einer finsteren Winternacht ein sumpfiges Tal der Auvergne durchquerte,
um sich mit einem geliebten Mädchen zu treffen, hatte er sich in der Finsternis verirrt. Er
war bis zum Morgen in dem gefrorenen Schlamm begraben, in den er durch das Gewicht
seines Körpers immer tiefer einsank, und hatte eine ganze Nacht hindurch gegen den Tod
gekämpft. Erstarrt und lahm war er dem Schlund entkommen. Noch war über seinem
Träumen kein Blut.
Zusatz des Herausgebers: Couthon wurde, wie Saint-Just, ein Schalten Robespierres, leitete als
Kommissär des Wohlfahrtsausschusses die Strafexpedition gegen Lyon und kann wohl als intel-
lektueller Urheber der jakobinischen Greuel in dieser Stadt bezeichnet werden, wenn es auch erwiesen
ist — und sogar Lamartine betont es — , daß er sich im letzten Augenblick gegen die Exekulionen
wandte und von dem skrupelloseren und brutaleren Collot d’Herbois ersetzt wurde. Der 9. Thermidor
war auch Couthons Ende; er wurde zusammen mit Robespierre und Saint-Just angeklagt, nach dem
Triumvirat gestrebt zu haben, und am 28. Juli 1794 quillotiniert.
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