Er warf sich in die Gärung und suchte nicht so sehr Herrschaft als jene sinnliche Wol-
Just der beschleunigten Bewegung. Er berauschte sich in revolutionärem Taumel, wie man
sich im Wein berauscht. Und er wußte diese Trunkenheit zu tragen. Er hatte die Über-
legenheit der Ruhe in der Verwirrung, die er hervorrief, um sie zu beherrschen. Seine
Worte bewahrten kaltes Blut in der Wut und Lustigkeit im Zorn, und sie erheiterten
die Klubs mitten in ihrer Raserei. Er amüsierte das Volk und peitschte zu gleicher Zeit
seine Leidenschaft. Er war mit diesem doppelten Einfluß zufrieden und hielt es für über-
flüssig, das Volk auch noch zu achten. Er redete zu ihm. nicht von Grundsätzen und nicht
von Tugend: er redete von seiner Stärke. Alles war für ihn Mittel. Er war der Staats-
mann der Umstände und spielte mit der Bewegung ohne ein anderes Ziel als dieses schreck-
liche Spiel, ohne einen anderen Einsatz als sein Leben und ohne andere Verantwortflichkeit
als den Zufall. Ein solcher Mensch mußte gegen Despotismus oder Freiheit zu tiefst gleich-
gültig sein. Seine Verachtung des Volkes mußte ihn eher noch auf die Seite der Tyrannei
treiben. Wenn man in den Menschen nichts Göttliches sieht, so kann man nichts Besseres
mit ihnen anfangen, als sie. knechten. Er war nur deshalb mit dem Volk, weil er aus
dem Volk war und das Volk triumphieren zu müssen schien. Er hätte es verraten, wie er
hm diente, ohne Gewissen. Der Hof kannte den Tarif seiner Überzeugungen. Seine revo-
lutionärsten Anfräge waren nur das höchste Angebot seines Gewissens. Er hatte seine
Hand in allen Intrigen, seine Redlichkeit schüchterte kein Bestechungsangebot ein. Man
erkaufte ihn täglich, und am nächsten Mörgen war er wieder feil. Mirabeau, La Fayette,
Montmorin, La Porte, der Intendant der Zivilliste, der Herzog von Orleans, der König
besaßen das Geheimnis seiner Käuflichkeit. Aus allen diesen unreinen Quellen war Geld
in seinen Beutel geflossen, ohne darin zu bleiben. Vor Parteien und Männern, die das
Geheimnis seiner Schwäche wußten, hätte sich jeder andere geschämt. Er allein schämte
sich nicht; er blickte ihnen ins Gesicht und wurde nicht rot. Er war der Mittelpunkt aller
jener Männer, die in den Ereignissen nur Größe suchen. Doch die anderen hatten nur die
Gemeinheit des Lasters; Dantons Laster war heroisch. Sein Geist grenzte an Genie. Er
besaß den Blitz des Augenblickks. Der Unglaube, die Schwäche seiner Seele, war in seinen
Augen die Stärke seines Ehrgeizes; er pflegte ihn in sich als das Element seiner künftigen
Größe. Er bemitfleidete alle, die irgend etwas achteten. Ein solcher Mensch mußte eine
ungeheure Herrschaft über die Instinkte der Massen haben. Er wühlte sie auf, er ließ
sie an die Oberfläche kochen, er war bereit, sich auf jedem Meere einzuschiffen: wäre es
auch von Blut.
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