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5. List
der thebanischen Auftraggeber entsprochen hat. Nur hier tritt
Klytaimestra bei Pindar auf. Auch der äußerst gezwungene Über-
gang vom Programm zum Mythos (V. 16f.) macht ein Dichten auf
Bestellung wahrscheinlich. V. 17 knüpft an den Namen Orestes an:
röV ÖN) poveEvouEVOV naTLOS ”Apoıvrda KivrtaLunotaas
xeL0@v ro xpatTELÄV
Ex Ödlov too@0s Ävele ÖvonevVEoc,
öndte Aapdarylda xdgay IToıduov
20 Kacodyögay ol yalk@ odv ”Ayayeuvovia
wuxd nogeEv ”Aykoovtos äxtAv nal’ EDOKLOV YNANS yUrd.
Gleich in dem ersten Verse der Erzählung wird die Tat unverhüllt
ausgesprochen: „bei der Ermordung des Vaters (Agamemnon)“.
Wer der Mörder ist, wird nicht sofort gesagt. Die Amme nimmt den
Knaben „unter den gewalttätigen Händen Klytaimestras weg‘“1)
und bringt ihn in Sicherheit. xgatsoal heißen die Hände der Mörderin.
Auch an diesem Wort zeigt sich Pindars Vorliebe für neutrale Aus-
drücke, wenn er von Verbrechen reden muß. Das Adjektiv ist vor
Pindar und auch bei Pindar überwiegend in lobendem Sinne ge-
braucht: „stark, gewaltig‘. Wie die männertötenden Lemnierinnen
und die männerbezwingende Eriphyle wird also auch Klytaimestra
her vom Dichter nicht wörtlich verdammt, wenngleich wir schon
an dieser Stelle den Abscheu spüren, der im folgenden noch deut-
licher zum Ausdruck kommt,
V. 18b fällt das Wort, das mir das Grundmotiv für alle weiblichen
Verbrechen bei Pindar anzugeben scheint, ödAos. Aus dem Bereich
der List rettet die Amme Orestes. In der List des Weibes liegt Gefahr
für das Kind. Und nun hören wir, wie die List sich ausgewirkt hat.
„Kassandra, die dardanische Tochter des Priamos, hat sie mit grauem
Erz, zusammen mit Agamemnon, an des Acheron schattenreiches
1) So heißt hier soviel wie ör£ (vgl. Schol. 25c). Auch P. 9, 61 nimmt
jemand ein Kind „von der Mutter weg‘ auf, um es in pflegende Hände
zu geben, dyeidy wilas ünd HatTELOSC oloeı. Schroeder zieht ysı0äv dro xga-
regäv ZU ovevouEvov. Das widerspricht aber der Anwendung, die
Pindar sonst von öxd macht. Die Präposition ist bei ihm fast ausschließ-
lich in ihrer ursprünglichen lokalen Grundbedeutung gebraucht. Auch
an der von Schroeder als Parallele angeführten Stelle O. 2, 21 &04öv yap
ro yapgudtwv ana Öydoxeı ist das ürd durchaus sinnlich aufzufassen und
ein Bild des Erstickens anzunehmen. Für ön6 ‚von‘ bei einer Sache und
einem Prädikat im Passiv gibt es bei Pindar keinen Beleg. N. 2, 20 wird
es in dem späteren verblaßten Sinne einmal zu Personen gesetzt. Un-
sere Stelle kommt Hom. Od. 9, 463 nahe 706705 ürn’ doveı0oD Avdunv, Was
Wackernagel, Vorlesungen über Syntax 2, 212 für den Urgebrauch von
ixdo in Anspruch nimmt.