Singende und tanzende Mädchen
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In den beiden größten Paianbruchstücken treffen wir auf zwei
anmutige Bilder von Mädchenchören, die auf den ersten Blick aller
dorischen Schwere zu entbehren scheinen.
Paian 2, 96 xaltovtı yolnal
Aölov dr” eVoduov dugl te TTagvacotaıs
zETOALS ÖwnNAaie Daud Asigöv
ElUxOrldes lotduEevaL KOQOV
100 rtayiroda nagdEvor Kal EAGÖEOVTL
yivxdvy adod voOuOV.
Paian 6, 12 %r00L Ö8 lim Kais ÄtE MATEQL KEÖVA
nEÖCUEVOG KATEßAV OTEPÄVOV Kal DalıÄv
To0opoVv Älcos ’Andi-
Acwvos, todı Aartolday Dayırd Asiqpäv xdoaı
xDovös öugaldy mad OxLÄEPTA MEAINCUEVAL
Kool xootEorTL YÄy Do
An beiden Stellen singen und tanzen Delphierinnen — in Paian 2
auch Delierinnen — zum Preise Apollons!). In jedem Fall entsteht
ein plastisches Bild, Beiden Szenen wird durch Angabe des Lokals
(Paian 2, 96 4&l0ov &r” eBoduov, äugi ... IIagvaooliats NETQALLG;
Paian 6, 15 tod: <d. i. im dAo0s ”Andiiwvos V. 14); V. 17 xDovöc
öupaLdiv xagd oxıdevra) ein Hintergrund gegeben, der mit seinen
schmückenden Epitheta (eSodyuoy, oxıdevra) auch diesen Mädchen
mehr Farbe gibt, als es bei Pindar sonst üblich ist. Und sie selbst er-
halten das eine Mal (Paian 2, 99) sogar ein episches Epitheton, &Aıx0-
xodes. Vollends werden die Mädchen für den Hörerlebendig, wenn auch
noch von dem „flinken Fuß‘“ die Rede ist (Paian 6, 18 xoöl xgo-
t£ovTL yay Do@; Paian 2, 100 tayinoda).
Die Vergleichung hat eine ganze Reihe von Übereinstimmungen
zwischen den beiden Stellen ergeben. Und doch liegen der zweite
und der sechste Paian zeitlich etwa 25 Jahre auseinander. Wenn
man bedenkt, daß die lieblichen Mädchenbilder dieser Gedichte in
ihrer Plastik bei Pindar alleinstehen, so liegt es nahe, eine engere
Beziehung zur Liedgattung anzunehmen. Apollon, in dessen Kult
die Paiane verwendet werden, hat Freude an Tanz und Spiel (vgl.
P. 10, 34ff.), und so sollen auch diese Mädchenbilder wohl ein
dichterisches Geschenk an den Gott darstellen. Es gab wahrschein-
1) Wilamowitz 320 vermutet, daß in der Lücke des Paian 2 zwischen
V. 80 und 96 eine Anrufung Apollons, der früh der eigentliche Gott der
Paiane geworden ist (vgl. Deubner, Neue Jahrb. 43, 1919, 402), dem Gebet
an Abderos vorausging (vgl. V. 5).