104 6. Gruppen von Mädchen und Frauen
lich,im apollinischen Kultgesang ein Element, das die Einführung
singender und tanzender Mädchen nahelegte?).
Doch so wenig pindarisch die Ausführung des Bildes anmutet,
so deutlich vernehmen wir an einer Stelle den Boioter: Paian 2, 100
lassen die Jungfrauen „mit eherner Stimme‘‘ eine süße Weise, von
schnellem Tanzschritt begleitet, erklingen. Schon Homer hat den
Begriff des Starken, Unerschütterlichen, der im Erz liegt, zu Ver-
gleichen verwendet: Il. 2, 490 ydixeov ... tog. Auch mit der Stimme
hat er das Adjektiv schon verbunden: Il. 18, 222 öna ydixeov
Ailaxlöao; 11. 5, 785 Zr&vrTogi . . Xalxeopdra, jedoch nur, wenn es
sich um Helden in der Schlacht handelte. Die Stimme singender
junger Mädchen ehern zu nennen, war Pindar vorbehalten. Farnell
1, 301 erklärt die Seltsamkeit des Ausdrucks damit, daß sich
Pindar für die fernen Abderiten wenig Mühe gegeben habe. Ich
möchte dagegen annehmen, daß Pindars Liebe zum amazonenhaften
Wesen des Weibes bei der Wahl des Epithetons Pate gestanden hat.
Eine wenn auch entfernte Ähnlichkeit weist Paian 12, 16 auf, wo
Eleithyia und Lachesis bei der Geburt der Letoiden die Ololyge,
also den spezifisch weiblichen Ruf?) erschallen lassen (vgl. S. 72).
Ebendieser Ruf erhält drei Verse vorher die Bezeichnung 0d#os.
Dies Wort stellt, auf Rufe aus Frauenmund angewandt, eine dichte-
rische Härte dar wie die „eherne Stimme‘ im Paian. Es findet sich
bei Pindar nur hier, An der einzigen Stelle, wo es sonst noch von
menschlicher Stimme gebraucht wird, bedeutet es das wilde Tosen
des persischen Kriegsgeschreis (Aisch. Pers. 406). O0. 9, 109 fordert
Pindar den Chor auf, laut die Areta des Siegers zu verkünden und
gebraucht dafür den Imperativ @gvoaı. Das Verbum wird gewöhn-
lich von tierischem Brüllen gebraucht. Hier sind die Aufgeforderten
freilich Männer. Doch selbst für diese bildet das Wort eine Härte.
Mit den beiden schroffen Ausdrücken für Frauengesang zusammen-
gehalten, scheint es diese zu rechtfertigen und umgekehrt®). Mehr
noch für jene beiden Stellen möchte ich wiederholen, was Wila-
mowitz 350, 3 zu O. 9, 109 gefragt hat: „Aber sind wir auch im-
stande, das Ethos so wie ein Böoter zu empfinden, fühlen wir viel-
leicht zu sehr attisch-jonisch ?“
Auch sonst trifft man bei Pindar bisweilen auf Ausdrücke, die
1) Auch Stesichoros spricht im Fr. 22, in dem Schmid, Gesch. d. griech.
Lit. 1, 1 (1929), 473, 4 ein Stück eines Paians vermutet, von Tanz, Spiel
und Gesang als von Dingen, die Apollon liebe.
2) Vgl. Wilamowitz, Die Ilias und Homer 448.
3) Man hat sich erfolglos bemüht, den Imperativ &ovoaı zu ändern.