Full text: Mädchen und Frauen in Pindars Dichtung

108 6. Gruppen von Mädchen und Frauen 
unter den Mädchen (V. 50 % 00% 0oNs, 56 Tl Tor Aeymw). Man muß 
wohl in jedem Satze kleine persönliche Neckereien und scherzende 
Hiebe vermuten, die nur von den anwesenden Spartanern ganz ver- 
standen werden konnten. Und Pindar? Wie schon bemerkt, tritt 
auch bei ihm der Chor in den Vordergrund wie sonst nie in seinen 
Gedichten. Die Lebhaftigkeit der Mädchen, die hastig die letzten 
Vorbereitungen für ihren Umzug treffen, wird anschaulich zum 
Ausdruck gebracht: V, 26 „Schnell habe ich mir den Peplos um- 
gegürtet, In den zarten!) Händen halte ich den prächtigen Lorbeer- 
zweig, ... mit den Kränzen auf dem jungfräulichen Haupt pran- 
gend.‘“ Wären von dem Partheneion nur diese Worte erhalten, so 
würde man wahrscheinlich eher in Bakchylides den Verfasser ver- 
mutet haben als in dem herben Boioter., 
Jedoch verrät sich dieser in der strengen Diktion des Gedichts- 
ganzen, die Wilamowitz mit Recht hervorhebt. Bei Alkman sind 
dagegen die Worte an sich durchsichtiger, und wenn für uns immer 
noch so viele Fragezeichen über seinem Partheneion stehen, so liegt 
das zumeist an den mannigfachen Beziehungen auf Personen, die 
in fast jedem Verse versteckt liegen. Pindars Partheneion ist zwar 
auch für den Augenblick der Aufführung geschrieben und vergegen- 
wärtigt uns den Vorgang so, daß wir manche Einzelheit der Daphne- 
phorie aus ihm herauslesen können, aber es ist längst nicht so an 
die Personen gebunden, während Alkmans aktueller Teil sich einzig 
und allein auf die Mädchen als Konkurrentinnen bezieht. Auch 
Pindar nennt zwei Frauen, doch nur beiläufig, V. 70. 75. Beide sind 
vielleicht nicht einmal anwesend, gehören jedenfalls nicht dem 
Chore an. 
Pindars Chor bleibt, im Gegensatz zu dem Alkmans, eine Ge- 
meinschaft, aus der kein Mädchen heraustritt, namentlich erwähnt 
oder gar apostrophiert wird. „Weibliche Grazie und Naivität“ 
(Schmid, Gesch. d. griech. Lit. 1, 1 (1929), 614) scheint mir in den 
erhaltenen Partheneien nicht ausgedrückt zu sein. Unwirklich wirkt 
es, wenn der ganze Chor sich selbst als geschlossene Gesamtheit zum 
Gegenstand des Berichtes macht (26—35), während bei Alkman doch 
wenigstens die Fiktion, eine miteinander plaudernde Mädchenschar, 
iynamischer und natürlicher gehalten ist. 
Offenbar zeugt Alkmans Mädchenlied von einer engeren Fühlung 
zwischen Chor und Chormeister, als sie bei Pindar bestand, der doch 
1) Das Epitheton ualaxds ist beachtenswert, weil Pindar sonst weder 
das Wort noch den Begriff vom weiblichen Körper gebraucht.
	        
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