112 6. Gruppen von Mädchen und Frauen
Hinter dem Mädchenalter tritt das der reifen Frau bei Pindar
zurück. Es ist von seinem Ideal der dem Manne gleichkommenden
Areta am weitesten entfernt. Bei Homer sind, umgekehrt wie bei
Pindar, jugendliche Gestalten wie Nausikaa Ausnahmen. Die Anteil-
nahme des Dichters gilt vorwiegend den verheirateten Frauen, wie
Penelope, Andromache, Arete, Hekabe, Helene. Schildert Pindar
doch einmal ein Eheweib im häuslichen Wirkungskreis, wird gleich
eine Heldin daraus (Alkmene N. 1). Im übrigen sind die eingehender
erwähnten Frauen reiferen Alters negativ bewertet: Klytaimestra,
Hippolyta.
Die Greisin vollends fehlt ganz in Pindars Dichtung. Die Götter-
mutter Gaia wird einmal als Pflegerin des Aristaios dargestellt
(P. 9, 60ff.); doch ist ihr Alter nicht betont.
Die volle Tatkraft des blühenden Mädchens verdrängt also bei
Pindar Unbeholfenheit der Kindheit, bürgerliche Häuslichkeit der
mittleren Jahre, Passivität der Greisin.