10
1. Kampf
dem Kampfplatz ein und wird, ohne es zu wollen, Zuschauer. Er
weiß seiner Bewunderung nicht anders Ausdruck zu geben als da-
durch, daß er den alten Chiron, der im thessalischen Bergwald
haust, aus seiner Höhle herausruft und an seinem Staunen teil-
nehmen 1äßt?). Damit gibt Pindar V. 30 die Rolle des Schildernden
an den hingerissenen Gott ab: „Komm aus deiner heiligen Höhle
herauf, Philyrasohn, und staune über eines Weibes Mut und ge-
waltige Kraft, wie es den Kampf führt mit nicht zagendem Haupt,
so jung, und über Kampfesnot erhaben; von Furcht ist ihr Herz
nicht bestürmt.‘ Apollon oder vielmehr der Dichter findet kein
Ende, die starke Jungfrau zu rühmen, V. 35 folgt noch einmal ein
Ruf des Staunens, das den Gott immer noch nicht verläßt: yedetaı
5” Glxds Answdyrtov, „sie zehrt von unendlicher Wehrkraft‘‘, In
solcher Lage gelingt eine Charakteristik eines Weibes ebenso wie
etwa P. 4, 232ff. die Schilderung von Ilasons öüvaoıc (das Wort
kehrt dort V. 238 wieder).
Doch sehen wir genauer zu, was ausgesagt wird. Die Handlung
war vom Dichter selbst in drei gedrängten Versen (26—28) wieder-
gegeben. Apollon spricht eigentlich von keiner Handlung der Jung-
frau mehr, sondern von der Energie, die hinter dem Handeln steht:
V. 30 duucv, Öüyacır, V. 31 Ataoßet xepald, V. 32 Hrop, PoE&vEG,
V. 35 älxäc. Wie nahe hätte V. 31—32 ein Vergleich mit etwas,
was außerhalb der Kyrene steht, gelegen. Homer hätte sich die
Gelegenheit, hier ein Gleichnis zu spinnen, nicht entgehen lassen.
Pindar dagegen geht nicht über seine Gestalt hinaus, Sie selbst
stellt er uns plastisch vor den Blick. Da bedarf es keiner Ver-
gleiche.
Die Areta des Mädchens brachte Apollon auf die Frage nach der
Herkunft — das griechisch-aristokratische Denken in Geschlechter-
folgen spricht sich darin aus, das dem Sänger der Festspiele be-
sonders nahe liegt:
33 le vıy ärdodhnav tEKEV; nolas &® änoornaodeiloa qürAas
Ö0£wv xevduGvas Eyeı oxLOEVTOV; yeleTtaL 6° Alxäc
ÄrELWAÄYTOV.
1) Ähnlich werden N. 3, 50 Athene und Artemis als Augenzeugen von
Achills Areta eingeführt. Beide Male erhält die Kühnheit der bewunderten
Personen durch die Gegenwart von Zuschauern erhöhten Glanz, Dieses
Mittel der „Schilderung durch die Wirkung‘ ist auch in der Kunst oft an-
gewandt, besonders in der Vasenmalerei; vgl. Friedrich Matz, Die Natur-
personifikationen in der griechischen Kunst, Diss. Göttingen 1913, 76f.