Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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Es gibt ein Mittel, welches eher finanzieller Natur ist, das 
eine Neuorganisation der nationalen Minderheiten erleichtern 
könnte. Deutsche und österreichische Politiker, insbesondere die 
pangermanischen, sind häufig mit dem Vorschlag hervorgetreten, 
die Staaten sollten eine systematische Umsiedelung der nationalen 
Minderheiten in Angriff nehmen. Ich bemerke, daß in England 
Mr. Buxton einen solchen Vorschlag bezüglich des Balkans macht. 
Es ist zweifelhaft, ob dieser Vorschlag sehr wirksam wäre, wenn 
den Minderheiten gleiche nationale Rechte garantiert würden. Die 
Magyaren haben vor einigen Jahren versucht, eine ganz unbe 
deutende Minderheit aus der Bukowina nach Ungarn herüber 
zubringen; das Unternehmen ging in Brüche, weil die Kolonisten, 
die man nach Hause gebracht hatte, nach! kurzer Zeit Ungarn ver 
ließen und nach der Bukowina zurückkehrten. Nach dem Kriege 
werden manche Gegenden Menschen brauchen — Bauern, Hand 
werker, gelernte Arbeiter; vielleicht würde auf diese Weise eine 
Verringerung mancher Minoritäten eintreten. 
Es gibt im böhmischen Schlesien etwa 230.000 Polen; bei 
halbwegs gutem Willen — und der ist einem gemeinsamen Gegner 
gegenüber geboten — wird sich wohl ein passender Abgrenzungs 
schlüssel finden lassen; die polnische Minorität in Schlesien würde 
auch dadurch relativ geringer werden, wenn das tschechische 
Gebiet von Ratibor (in Preußisch-Schlesien) unserem Schlesien 
zurückgegeben würde. 
Die magyarische Minorität in der Slowakei wird zur Genüge 
durch die slowakischen Minderheiten aufgewogen, welche auf 
magyarischem Gebiet Zurückbleiben werden. 
Manche tschechische und jugoslavisdhe Politiker weisen auf 
die Möglichkeit hin, die Slowakei mit dem jugoslavischen Reiche 
zu vereinigen: Das in Ungarn längs der österreichischen Grenze 
sich erstreckende Gebiet hat einmal zu Böhmen, Mähren und zur 
Slowakei gehört; gegenwärtig ist es deutsch und teilweise ma 
gyarisch, aber es gibt dort auch slowenische und kroatische 
Minoritäten; dieses Gebiet würde, wenn es im Norden an die 
Slowakei, im Süden an Jugoslavien angegliedert würde, die Nord- 
und Südslaven miteinander verbinden. Es hätte ungefähr eine 
Länge von 200 Kilometern. Dieser Plan hat einen vollständigen 
Sieg der Verbündeten zur Voraussetzung; denn es kann darüber 
kein Zweifel sein, daß die Deutschen und Magyaren einen solchen
	        
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