Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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Durch die Okkupation von Bosnien und Herzegowina wurde 
Österreich-Ungarn auf den Balkan gewiesen und Kaiser Wilhelm 
setzte mit seiner türkenfreundlichen, aktiven Politik ein, indem 
er derart die Politik Friedrich des Großen fortsetzte; Griechen 
land, Rumänien, Bulgarien, Albanien, ja sogar Montenegro wurden 
mit deutschen Dynastien und deutschen Prinzessinnen versorgt, 
das türkische Militär bekam preußische Instruktoren usw. Öster 
reich wurde für Deutschland zur „Brücke“ auf den Balkan und 
in das nähere Asien und Afrika. 
Der Dreibund band nicht nur Österreich-Ungarn an Deutsch 
land, sondern lähmte auch die italienische Irredenta, — Lagarde 
und die Pangermanen beanspruchten Triest und die Adria 
energisch für Deutschland. Die deutschen Kapitalisten be 
mächtigten sich zugleich sehr geschickt — ohne größere In 
vestitionen — der italienischen Banken, die deutschen Professoren, 
Lehrer und die Masse gewöhnlicher Touristen waren in Italien 
erfolgreiche Propagatoren für Deutschland. Der ältere englische 
Einfluß ist in hohem Maße paralysiert worden. 
Dieser tatsächliche Entwicklungsgang Deutschlands und das 
Vordringen seines politischen Einflusses in Europa und der ganzen 
Welt entsprach so ziemlich den Idealen des pangermanischen 
Imperialismus; es setzte sich insbesondere der Begriff eines 
Zentral-Europa unter deutscher Führung fest — Deutschland, 
Österreich-Ungarn, der Balkan und die Türkei. Dieses Zentral- 
Europa, die Türkei enthaltend, gliederte sich naturgemäß Asien 
und Afrika an, wo bedeutende Kolonien gewonnen wurden; pan- 
germanische Schriftsteller sprechen daher von einer Ergänzung 
Zentral-Europas durch Zentral-Afrika. Ein österreichischer Pan- 
germane prägte das Schlagwort-Programm: Berlin-Bagdad, ein 
Schlagwort, das man ganlz gut etwa durch: Berlin-Kairo ersetzen 
könnte. Von Berlin nach Bagdad führt der Weg über Prag— 
Wien—Budapest—Belgrad—Sofia—Konstantinopel; nach Kairo 
führt dieselbe Bahn oder eine kürzere Strecke über Prag—Wien— 
Triest und Saloniki, über das Meer zum Suezkanal, zur 
italienischen und französischen Küste Afrikas. 
Zu den Hauptländern Zentral-Europas fügen die Pangermanen 
noch die skandinavischen Länder, Holland und Belgien (Ant 
werpen!) und die Schweiz hinzu; diese Länder möchten die vor 
sichtigeren Pangermanen an das Reich in der lockeren Form einer
	        
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