Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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Im Vordergründe der Diskussionen und Pläne standen aber 
England und Rußland. Die industrielle Expansion, die Schaffung 
einer großen Flotte zwecks Beherrschung der Meere, die Kolonial 
politik in Afrika, und in der letzten Zeit auch in Asien und Austra 
lien, und der offensichtliche Plan Berlin—Bagdad brachten 
Deutschland zu England in Gegensatz. Mit Rußland hatte 
Preußen bis auf Bismarck in vorteilbringender Freundschaft ge 
lebt; aber derselbe Bismarck, der an Deutschland Österreich und 
damit auch den Balkan angeschlossen hatte, und noch mehr 
Wilhelm mit seiner türkischen und asiatischen Politik hatten sich 
Rußland immer mehr entfremdet. Das Ergebnis war, daß Eng 
land mit Rußland zu einem Einverständnis gelangte, und es ent 
stand der Vierverband. 
Unter den Pangermanen entstanden nun zwei Richtungen; die 
einen erklärten Rußland für den gefährlicheren Feind der 
Deutschen — die anderen die Engländer; gegen Rußland traten 
insbesondere die baltischen Deutschen, wie Schiemann, Rohr 
bach u. A. auf, gegen England Graf Reventlow und Anhänger. 
Bismarcks Politik gegen Rußland verteidigte Professor Hoetzsch 
und mehrere Konservative, Rohrbach bot gegen Rußland den 
Engländern die Hand. 
Die Gegner Rußlands weisen auf die Größe Rußlands und 
seine ungeheure Volkszahl in nicht ferner Zukunft hin und leiten 
daraus ab, daß Rußland die eigentliche Gefahr für Deutschland 
bedeute. England sei durch das Meer getrennt, grenze nirgends 
direkt an Deutschland, sein europäisches Gebiet sei von nur 
geringem Umfang, seine Stärke beruhe in seiner Flotte, es könne 
daher Deutschland nicht gefährlich sein; Deutschland werde seine 
Flotte haben, die England in Schach halten werde. Deutschlands 
Armee, ergänzt durch die Armee Österreich-Ungarns, der Balkan 
staaten und der Türkei, eventuell auch Italiens, werde imstande 
sein, Rußland und Frankreich das Gegengewicht zu halten. 
6 . Die Entstehung und der Verlauf des Krieges entsprechen 
vollständig der pangermanischen Politik. Österreich-Ungarn, die 
deutsche Avantgarde auf dem Balkan, stürzte sich auf das kleine 
Serbien und provozierte dadurch Rußland; Deutschland „mußte“ 
mit seinem Verbündeten marschieren; die Türkei und Bulgarien 
schlossen sich an und das deutsche Zentral-Europa stand militärisch 
organisiert da. Die Niederwerfung Rußlands und Serbiens über 
ließ man Österreich, Deutschland wollte mit möglichster Be
	        
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