Full text: Das neue Europa: der slavische Standpunkt

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Großmächten, von Deutschland und England. Von diesem Ge 
sichtspunkte aus wird dann Deutschland häufig als Großmacht 
par excellence und somit als der natürliche Herr Europas und 
der Welt proklamiert. 
Die Pangermanen berufen sich auf die Geschichte; die Ent 
wicklung führe zur Organisation großer, anationaler, gemischter 
Staaten; es fehlt nicht an Theoretikern, welche die gemischten 
Staaten als höhere Gebilde erklären, als die bloß nationalen Staa 
ten. In diesem Punkte stimmen mit den Pangermanen die deutschen 
Sozialdemokraten überein, da sie sagen, daß zur Durchführung 
wirtschaftlicher und sozialer Reformen im Sinne Marx’ ein 
größeres Ländergebiet nötig sei. Die politische öffentliche 
Meinung Europas erklärt sich überhaupt zu Gunsten der großen 
Staaten. Das Losungswort der Zeit lautet: Imperialismus. Von 
den kleinen Staaten und Nationen spricht man nicht ohne eine 
Dosis Verachtung und Mitleid. Die deutsche Auffassung des 
Staates als Macht hat Treitschke formuliert, wenn er sagte, in 
der Idee eines kleinen Staates sei etwas Lächerliches. 
Wohlan, sehen wir einmal, was die Geschichte sagt. Ab 
und zu wurden große, national gemischte Staaten organisiert; 
der letzte Versuch war der Napoleons, vor ihm gab es, wenn 
wir zurückblicken, das mittelalterliche Kaisertum, die Franken, 
Rom, Byzanz usw. Alle diese Reiche sind untergegangen und es 
sind aus ihnen kleinere Staaten entstanden. Das Kaiserreich des 
Mittelalters war ein ganz eigenartiger Bund von Staaten und der 
Kirche, und überhaupt war die Zusammensetzung dieser Welt 
reiche nicht die gleiche. Im ganzen gehören große, national 
gemischte Reiche der Vergangenheit an, einer Zeit, da die ma 
terielle Kraft das Entscheidende war, weil eben die Demokratie 
nicht anerkannt war. Große, national gemischte Reiche sind fast 
synonym mit Autokratie. 
Die Geschichte lehrt weiter, daß einige große und größere 
Staaten durch Vereinigung von Staaten gleicher Nationalität ent 
standen sind — Deutschland, Italien. Die Entstehung dieser 
großen Staaten ist etwas ganz Anderes als die Unterjochung ver 
schiedener Nationen durch eine Nation. 
Die Geschichte lehrt endlich auch, daß in der neuern Zeit 
neben den größeren Staaten, die durch nationale Vereinigung 
entstanden sind, sich auch kleine Staaten gebildet haben. Seit 
dem Ende des 18. Jahrhunderts entstanden derart Belgien und
	        
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