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Die Weltlage
(1912)
Noch immer bildet der Gegensatz von Großbritannien zu Deutschland
den eigentlichen Mittelpunkt der internationalen Politik. Es ist in den
letzten Monaten so viel geredet und geschrieben über diesen Gegensatz,
worauf er beruhe, ob er sich nicht beseitigen lasse oder ob er notwendiger
weise zum kriegerischen Zusammenstoß führen müsse usw., daß ich mir
jede weitere Auseinandersetzung darüber ersparen kann. Nur zwei Tat
sachen haben sich im Verlaufe dieses Sommers deutlicher hervorgehoben.
Erstens ist es offenbar geworden, daß das russisch-französische Bündnis sich
fester zusammengezogen hat. Der Besuch des französischen Premier
ministers in Rußland hat bestimmte Vereinbarungen des Zusammen
wirkens der beiden Mächte auch zur See zur Folge gehabt. Zweitens ist die
„Entente cordiale“ zu einem Verteidigungsbündnis zwischen der Fran
zösischen Republik und Großbritannen entwickelt worden. Das Zusammen
treffen von Mr. Asquith und Mr. Winston Churchill einerseits mit Lord
Kitchener in Malta, andererseits mit dem Chef der französischen Admiralität
in Bizerta und die darauf erfolgten Verschiebungen in den Flottenauf
stellungen der beiden Westmächte lassen das klar erkennen. Das Gros des
britischen Mittelmeergeschwaders ist zu den heimischen Flotten um die
britischen Küsten gegenüber Deutschland hinzugeschlagen; dafür hat Frank
reich den Schwerpunkt seiner maritimen Machtstellung ins Mittelmeer
verlegt.
Nur der naive Friedenöschwärmer kann die wirkliche Bedeutung dieser
Vorgänge mißverstehen. Sie sagen doch ganz deutlich, daß für den Fall
eines Krieges die deutsche Flotte die gesamte britische Flotte mit einem
Teil der französischen sich gegenüber, die neue entstehende russische aber
sich im Rücken finden wird, während die Hauptmacht der Franzosen zur
See mit einem kleinen britischen Geschwader inzwischen das Mittelmeer
und damit die große Völkerstraße zum Osten decken wird. Demgegenüber
wird Deutschland naturgemäß auf Österreich-Ungarn rechnen können,
während Italien wie die Türkei, welche mit in unsere Waagschale zu fallen
schienen, zu völlig unberechenbaren Faktoren geworden sind. Im Fernen
Osten ist Rußland, wesentlich auch durch britische Vermittlung in Tokio,
von dem japanischen Gegengewicht entlastet worden, während China zur
Zeit, ebenso wie die Türkei im Nahen Osten, als tzuantite inconnue 1