Full text: Gesammelte Schriften (3)

Ziele der deutschen auswärtigen Politik 
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setzen dürfe"? Ja, ich kann ihm immerhin drei solche Ziele nennen, derent 
wegen das Risiko eines Weltkrieges sich verlohnen würde. Aber ich behalte 
mir vor, ihm diese Wertobjekte einmal persönlich zu kennzeichnen. Eine 
öffentliche Diskussion solcher wäre das Verkehrteste, was wir tun könnten. 
Jedenfalls kenne ich meine Landsleute mittlerweile zu gut, um sie über 
haupt auf den Weg einer Eroberung hinzuweisen. Aber weshalb wir 
Deutschen einem Kriege ängstlicher ausweichen sollten als andere Völker, 
als zum Beispiel Frankreich, das vermag ich nicht einzusehen. Beim Aus 
weichen auf dem Bürgersteig im Privatverkehr liegt die Pflicht beiden 
Passanten ob. Weshalb soll dies im politischen Leben anders sein! — Das 
wehrgewaltige Deutsche Reich kann doch wohl immerhin gleiche Behand 
lung mit den fremden Staaten verlangen. Diese Gleichbchandlung ver 
mögen aber viele denkende Landsleute bei der Aufteilung der Erde für 
uns nicht mehr zu erkennen. Deshalb wächst der Pessimismus in der 
deutschen Nation, nicht aber etwa aus angeborener Nörgelsucht. Gerade 
die tüchtigsten nationalen Elemente in Deutschland sind mit den realen 
Ergebnissen unserer auswärtigen Politik unzufrieden, darüber helfen noch 
so viele offiziöse Beschwichtigungsversuche und schönfärberische Redens 
arten nicht hinweg. 
Deutschland ist bei der Aufteilung Nordafrikas leer ausgegangen und 
steht ernstlich in Gefahr, auch bei der Aufteilung der weiten Landflächen 
Vorder- und Mittelasiens von neuem das Nachsehen zu haben. Wenn ein 
sichtige Patrioten auf diesen Mißstand hinweisen, wird ihnen von der Gegen- 
I Partei vorgeworfen, sie wollten das Vaterland in einen Weltkrieg stürzen. 
Ich glaube, das Deutsche Reich würde einen Weltkrieg nicht zu fürchten 
haben, wenn er ihm von außen aufgedrängt würde. Aber wozu bezahlen 
wir denn eine Diplomatie, wenn sie nicht imstande ist, unsere kolossale 
Machtmasse derart zur Geltung zu bringen, daß wir auf friedlichem Wege 
die Ausbreitung auf der Erde erzielen können, welche eine nüchterne Er 
wägung unserer wirtschaftlichen Zukunft erfordert! Ich wiederhole noch 
einmal, daß für solche Erfolge die schablonenhaften Mittel der Alltagsdiplo 
matie nicht ausreichen, sondern daß es dazu einer kühnen Initiative und 
einer kaltblütigen Berechnung der in Frage kommenden Machtfaktorcn, 
unter Umständen auch eines nüchternen Wagemutes bedarf. Hiervon aber 
läßt der Rückblick auf unsere letzte Geschichtsepoche nur ausnahmsweise 
einmal eine Spur erkennen: und dann regelmäßig nur in Worten, nirgend 
aber einmal in einer männlichen Tat.
	        
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