Deutsche und Ausländer
(t9r5)
Zwei Tatsachen dürften nunmehr jedem denkenden Deutschen klar ge
worden sein, erstens: das deutsche Volk ist das unbeliebteste auf der ganzen
Erde, zweitens: kein Entgegenkommen und keine Nachgiebigkeit hat
es vor dem gegenwärtigen Krieg um Sein oder Nichtsein bewahrt. Man
mißgönnt ihm nicht nur den ihm zukommenden Platz an der Sonne,
sondern man mißgönnt ihm auch sein auf friedliche Arbeit begründetes
Wirtschaftsleben in Europa.
Sir Edward Grey erklärte vor einigen Tagen, er persönlich wenig
stens möge in einem von Deutschland beherrschten Europa nicht mehr
leben. Nun bei dem Schicksal, wie er und seine Spießgesellen es für
Deutschland geplant hatten, möchte wohl kein fühlender Deutscher mehr
atmen. Mit echt englischer Verlogenheit wiederholt er übrigens in derselben
Rede längst widerlegte Verleumdungen von deutschen Grausamkeiten und
deutscher Brutalität. Er schuldigt unsere Armee an, belgische Zivilpersonen
erschossen zu haben, verschweigt aber, daß diese Zivilpersonen zuerst auf die
deutsche Armee schossen. Unter denselben Verhältnissen wird er wohl auch
noch Gelegenheit haben, deutsche Truppen anzuschuldigen, britische Zivi
listen erschossen zu haben. Denn sein Ministerium war es ja gerade, welches
die britische Zivilbevölkerung schon vor der Zeit gegen eine etwaige deutsche
Invasion bewaffnete.
Daß es sich bei diesem Krieg zwischen dem Deutschen und dem Britischen
Reich um eine unvermeidliche Katastrophe handelt, wissen wir jetzt auch
in Deutschland, und selbst die rabulistischen Lügereien, in denen Sir
Edward Grey so stark ist, langen nicht aus, die Schuld an ihrem Eintreten
Deutschland zuzuschieben. Vor der Geschichte wird der Krieg immer auf
den Mord von Sarajewo als letzte Ursache zurückgeführt werden, und es
ist längst erwiesen, daß die Verletzung der belgischen Neutralität zuerst
von England und Frankreich vollzogen wurde, und der deutsche Einmarsch
nur ein vorgeschobener Vorwand war, um den Angriffskrieg gegen das
Deutsche Reich zu maskieren.
Die Frage für die zukünftige Weltstellung des Deutschtums ist, ob
unsere Landsleute es in diesem Krieg lernen werden, sich den Fremden
gegenüber korrekt zu stellen. Wird die hergebrachte Michelei bleiben
oder werden die Deutschen anfangen, sich den Ausländern wirklich eben-