502
Aufsähe
Auf der anderen Seite sind doch auch immer noch wirkliche Weltkräfte
für uns lebendig. Das zeigt sich zunächst in der russischen und der
chinesischen Revolution. Andere werden folgen. Auch dies macht jede Be
rechnung des Kriegsendes so schwierig. Jedenfalls ist es klar, daß ein Zu
sammenbruch Rußlands, welcher in berechenbarer Form erscheint, diesem
Weltkrieg ein ganz anderes, uns freundlicheres Gesicht geben muß.
Was inzwischen an Kundgebungen für Friedensbedingungen aus den
feindlichen Ländern zu uns herüberschallt, trägt einen so unverschämten,
um nicht zu sagen frechen Ton, daß wir darüber am besten zur Tages
ordnung übergehen. Es wäre nutzlos, darüber auch nur ernstlich eine
Minute nachzudenken. Lieber wollen wir fortkämpfen, solange die Sache
auch noch dauern mag. Ebenso sollte man das Gerede über einen an-
ncxionslosen Frieden in Deutschland behandeln. Ich bin heute noch der
Überzeugung, daß wir ebenso leicht einen „deutschen" wie einen annc.rions-
losen Frieden erreichen, ja, daß das feige Geschwätz von Frieden ohne
Entschädigung letzten Endes ebensosehr zur Verlängerung des Krieges bei
trägt, wie das fortwährende kleinbürgerliche Jammern über die Kriegs
ernährung. Beides wird uns im feindlichen Ausland, welches antcilsvoll
mithorcht, als das, was es im Grunde ist, ausgelegt: alö das Bekenntnis
von Schwäche und Angst, welches sie nun von Monat zu Monat hoffen
läßt, daß Mitteleuropa und besonders Deutschland unmittelbar vor dem
Zusammenbruch stehen. Während unsere Ernährungsaussichten nach der
Beackerung so vieler besetzter feindlicher Länder für unsere Zwecke in diesem
Jahre günstiger stehen als in den vorhergehenden.