Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

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I. Abschn. 2, Kap.: Arbeit. 
Arbeit von Kindern ist 1898 von Reichswegen in den deutschen 
Bundesstaaten eine (nicht vollständige) statistische Aufnahme gemacht 
worden, welche 532283 aufserhalb der Fabriken gewerblich thätige 
Kinder ergab! Diese Zählung bezieht sich jedoch nur auf die schul- 
pflichtigen Kinder®*. Wie es um die gewerbliche Thätigkeit 
der noch nicht schulpflichtigen Kinder steht, ist zahlenmäfsig 
aus der Enquete nicht zu ersehen. Aus dem Königreich Sachsen wird 
berichtet, Jafßs in manchen Gewerben, wie der Posamenterie, der Stroh- 
und Rohrflechterei, der Herstellung von Strümpfen und Handschuhen 
auch solche Kinder beschäftigt werden. Und aus dem Herzogtum 
Sachsen-Meiningen heilst es, „daß in der Regel die Heranziehung der 
Kinder zu leichteren Arbeiten erst mit dem Eintritt des schulpflichtigen 
Alters, in einzelnen Fällen indessen sogar schon vom vierten Lebens- 
jahr ab beginnt“. Diesen wenigen Angaben treten private Erhebungen 
und Untersuchungen zur Seite®, Gegenüber ihren Befunden und 
Schilderungen muls jeder Versuch verstummen, die Annahme von 
Arbeit des erwerbsthätigen Kindes davon abhängig zu machen, dafs 
das Kind selber seine Thätigkeit als Arbeit erkennt. Übrigens ist 
mit Sicherheit anzunehmen, dafs Kinder, die vor Tagesanbruch oder 
nach der Schule bis in die tiefe Nacht sich stundenlang in fremdem 
Dienste tummeln, oder mit Klöppeln, Häkeln, Spulen, Nähen, Feilen 
u. s. w. abgeben müssen, frühzeitig jene Erkenntnis erlangen und auf 
ihre noch nicht schulpflichtigen Geschwister übertragen *. 
räte für 1899 sind z. B. S. 385 Schulkinder in Glashütten als Einträger, in 
einer Brauerei mit Flaschenspülen, in Cigarrenfabriken mit Tabakrippen, in 
Kistenfabriken mit Nageln von Kisten beschäftigt. 
1 Vierteljahrshefte zur Statistik des deutschen Reichs 1900 IIL, 100: 
„Jedenfalls dürfte die ermittelte Zahl hinter der Wirklichkeit noch zurück- 
aleiben.“ Besprechung der Ergebnisse von H. Fürth in Neue Zeit, 19. Jahr- 
zang I, 532—835. 
? Über die hausindustrielle (nicht die ganze gewerbliche) Thätigkeit der 
Schulkinder geben auch die Berichte der Fabrikinspektoren Aufschlüsse. 
*z. B. Agahd, Die Erwerbsthätigkeit schulpflichtiger Kinder im deut- 
schen Reich (Archiv für sociale Gesetzgebung XIL S. 378 ff.), wo einzelnes 
über die Erwerbsthätigkeit noch nicht schulpflichtiger Kinder vorkommt: 
S. 380. 396. 401. 402. Stillich, Die Spielwarenindustrie des Meininger Ober- 
landes (1899) S. 21—24. Rausch, Die Sonneberger Spielwarenindustrie (1901) 
S. 104. Nach dem 8. 77! erwähnten preufsischen Bericht S. 410 werden in 
Neheim (Regierungsbezirk Arnsberg) in acht Familien „sogar 10 Kinder im 
Alter von 4 und 5 Jahren“ mit Nägelstampfen und Aufstecken von Schuh- 
knopfplatten auf Papierrollen beschäftigt. 
* „Sachsen-Meiningen teilt mit, dafs die Kinder in der Regel erst nach
	        
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