X. Arbeit als Entgelt. „Gegenarbeit.“ 159
Arbeitsleistung sind Vorgänge ganz verschieden, die man nach
dem dafür gebräuchlichen Namen „System der Gegenarbeit“ für be-
sonders zugehörig halten möchte!, Diese Thatbestände kommen
unter kapitalschwachen, aber unternehmungslustigen Handwerkern in
manchen deutschen Städten zahlreich vor und haben eine große öko-
nomische Bedeutung, die hier nicht zu verfolgen ist. Am meisten sind
sie im Baugewerbe anzutreffen, wo man den Hergang auch „Bauen
auf Gegenrechnung“ oder „auf Gegenseitigkeit“ nennt *?, finden sich
aber auch sonst, namentlich im Gewerbe des Wagenbaus®. Worum
es sich beim Baugewerbe handelt, geht aus zwei den citierten Stellen
entnommenen Berichten hervor: „Eine andere Art geschäftsmäfsiger
Bauthätigkeit mit unzureichenden Mitteln ist das Bauen der Hand-
werker auf Gegenrechnung, bei welcher die Bauarbeit mit Ar-
beit statt mit Geld bezahlt wird. Der bauende Schreiner
nimmt dem für ihn arbeitenden Schlosser oder Blechner das Ver-
sprechen ab, ihm bei einem zukünftigen, von diesem zu unternehmenden
Baue die Arbeit zu übertragen.“ In einer anderen Schilderung der „Gegen-
arbeit“ im Baugewerbe heißt es: „dafs der Bauschreiner zugleich selbst
Bauherr ist, und der Bauherr, dem er liefert, ein Bauhandwerk (Zim-
merei, Dachdeckerei, Schlosserei, Klempnerei) betreibt oder Bauziegel
fabriziert. Die Rechnung des Bauschreiners’ wird nur zum Teil
in bar beglichen, zum Teil von dem Bauherrn durch geleistete
Arbeit in seinem Handwerksbetriebe oder durch Ziegellieferungen ge-
deckt. Diese Art der Gegenarbeit verschafft dem Bauschreiner Kunden
und ist, wofern die Barregulierung immerhin noch für einen erheblichen
Bruchteil, z. B. für 75—50 %o, der Rechnung ausbedungen wird,
weniger schädlich und gefährlich. Schädlich wird aber diese Regu-
lierung durch Gegenarbeit, sobald die Barzahlung zurücktritt oder
ganz verschwindet, da der Bauschreiner vor allem des Geldes zum
Betriebe seines Gewerbes bedarf.“
Aus diesen Schilderungen muß der Jurist den Eindruck gewinnen,
daß in den gedachten Fällen nicht auf gegenseitige Arbeit
kontrahiert, sondern die für den einen Kontrahenten entstandene
Geldforderung dadurch gänzlich oder teilweise befriedigt wird, dafs
ı F. v. Schönebeck, Die Lage des Kleingewerbes in der Kölner
Schreinerei, in: Lage des Handwerks in Deutschland (Schriften des Vereins
für Sozialpolitik) I, 263. 270. 285. 304, .
? A. Voigt, Das Kleingewerbe in Karlsruhe, Lage des Handwerks II, 72.
3 8.8.0.8. 150: „Ein anderes dabei befolgtes System ist das auf Gegen-
rechnung, wo der Schmied dem Wagner, dieser wieder dem Schmiede zu
einem oder mehreren Wagen die Arbeit liefert und nur die Differenzen in
bar ausgeglichen werden.“