XI. Empfänger. Entrichter.
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der Arbeitgeber zehn Mark pro Monat bezahlen soll. Hier kann aus-
gemacht werden, dafs diese Vergütung dem Dienstboten des Arbeit-
nehmers entrichtet werde. Der Dienstbote ist Arbeitnehmer des
Arbeitnehmers und soll nach Übereinkunft die zehn Mark erhalten,
und behalten als Entgelt für die Arbeit, die er seinem Arbeitgeber
dadurch leistet, daß er die dessen Arbeitgeber (dem Mieter) geschuldete
Arbeit verrichtet. Ein anderes Beispiel! bietet der Fuhrunternehmer,
der als Vergütung für eine Fahrt sich zwei Beträge ausbedingt, wo-
von er den einen als Trinkgeld für den Kütscher bezeichnet. Nach
der Übereinkunft zwischen ihm und dem Kutscher, mittels dessen er
dem Fahrgast die Arbeit leistet, kann der Kutscher den als Trinkgeld
bezeichneten, ihm vom Fahrgast entrichteten Betrag behalten für Rech-
nung der Entgeltforderung, die der Kutscher als Arbeitnehmer des
Fuhrherrn gegen diesen hat. — In größerem Malfsstab' kommen Fälle
der gedachten Art bei Submissionen des Staates oder der Gemeinden
vor, indem hier durch allgemeine (namentlich ministerielle) Verfügung
oder besondere Abrede diesen Arbeitgebern vorbehalten wird, für den
Fall der Unternehmer mit der Belohnung seiner Gehülfen in Rück-
stand bleibt, diesen Gehülfen zur Tilgung ihrer Lohnforderungen die
dem Unternehmer geschuldete Vergütung zu entrichten. Auch hier
wird durch eine Leistung eine zwiefache Befreiung bewirkt®.
Man kann weiter fragen, ob durch die Abrede zwischen Arbeit-
nehmer und Arbeitgeber, nach welcher die Vergütung gänzlich oder
teilweise einem Dritten entrichtet werden soll, auch ein Recht des
dritten Empfangsbevollmächtigten gegen den Arbeitgeber begründet
wird, ein Recht nämlich auf Entrichtung der Vergütung an den Dritten.
Allein diese an der Hand von BGB. $ 328 zu beantwortende Frage
liegt außerhalb unseres Themas?. Hier kam es nur darauf an, zu
zeigen, dafs wie die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeit statt vom
Arbeitgeber von einem Dritten (S. 106 ff.), so auch der vereinbarte
Entgelt statt vom Arbeitnehmer von einem Dritten mit Liberations-
wirkung in Empfang genommen werden kann.
Wie nun die beiden Leistungen (Arbeit und Vergütung) in An-
sehung des Empfängers, d.h. der Person, bei der sie eingehen, oder
der Eingangsperson, von der Regel abweichen können, dals die
Arbeit vom Arbeitgeber und die Vergütung vom Arbeitnehmer em-
pfangen wird, so können sie es auch in Ansehung der Ausgangs-
‘ auch angeführt bei Hellwig a. a. O. S. 52. 116.
? Arbeiterschutz bei Vergebung öffentlicher Arbeiten und Lieferungen.
Bericht des k. k. arbeitsstatist. Amtes (Wien 1900) S. 1X. 94. 98. 99. 106.
3 Hierüber Hellwig a. a. 0. S. 145—8583.