IV. Kriterium. Beispiele mit Gebrauchsüberlassung. 197
Wenn der Besitzer eines bespannten Wagens sich. darin von
einem Anderen befördern läfst, so ist nur Arbeit (Kutschieren) aus-
bedungen. Wer, um selbst sich damit zu befördern, sich vom Be-
sitzer jenen Wagen einräumen läfst, hat die Zusage nur einer Ge-
brauchsüberlassung empfangen. Wer aber sich ausbedingt, dafs ihn
der Wagenbesitzer selbst (oder durch einen Gehülfen) in jenem Wagen
befördere, oder wer eine Droschke nimmt, in einen Omnibus, eine
Strafsenbahn einsteigt, läfst sich damit sowohl Arbeit als Gebrauchs-
überlassung versprechen‘. Bei diesem letzten, komplizierten That-
bestand geht, wie in den Fällen unter III Nr. 9 und 10 die Über-
lassung des Fahrzeuggebrauchs drein®*, wird von der Arbeitsleistung
absorbiert, da der Vollzug der letzteren die Gebrauchseinräumung er-
fordert, erst durch diese ermöglicht wird. Das Fuhrwerk soll nur während
und behufs der Arbeit zum Gebrauch überlassen, die Arbeit nur mittelst
dieses Fuhrwerks vollbracht werden. Die eine Leistung ist daher
auf die andere angewiesen®. Beim Besuchsvertrag mit dem Theater-,
Zirkus-, Konzertunternehmer wird von diesem die Arbeit der Pro-
duktion und zugleich die Überlassung eines Steh- oder Sitzplatzes
zugesagt, von dem aus die Produktion wahrgenommen werden kann ‘*,
Es ist aber klar, dafs die Darbietung der Produktion im geschlossenen
1 An der Annahme dieser Komplikation wird man sich durch die
Fassung von GewO. 8 76 nicht irremachen lassen. Wenn danach die Polizei-
behörde befugt ist, „für die Benutzung von Wagen, Pferden, Sänften,
Gondeln und anderen Transportmitteln, welche öffentlich zum Gebrauch auf-
gestellt sind, Taxen festzusetzen“, so ist hier zwar der Arbeit der Kutscher,
Pferdeführer, Träger, Gondoliere nicht gedacht, allein 1. war hier, wo es auf
die Erteilung der Kompetenz zur Tarifierung ankam, privatrechtliche Voll-
ständigkeit nicht geboten, und 2. ist in der That in den polizeilichen Taxen
ein Unterschied gemacht, ob z. B. ein Pferd oder eine Gondel nur zur Be-
nutzung überlassen, oder ob aufserdem die Arbeit eines Führers, eines oder
mehrerer Gondoliere versprochen wird.
? Der Gebrauch des Pferdes ist dem Fahrgast nicht überlassen, so wenig
als der der Peitsche (S. 181 zu Anm. 2).
8 Bei Cosack, Lehrbuch des bürgerl. Rechts I $ 147, I, 4 findet sich
folgender Fall angegeben: „A ‘mietet? von B ein Segelboot zur Fahrt von
Konstanz nach Lindau; B soll das Boot steuern.“ Hierzu wird bemerkt: „Ob
dieser Vertrag wirklich eine Miete mit einer vom Vermieter übernommenen
Nebenleistung und nicht vielmehr ein Werkvertrag ist, läfst sich nur im
Einzelfall entscheiden.“ Der angeführte ist ein „Einzelfall“. Wonach in
einem solchen Fall zu entscheiden ist, wird nicht gesagt. Das Verhältnis der
zwei Leistungen des B, nämlich der Arbeit (des Steuerns nach dem Wind)
und der Gebrauchsüberlassung, ist hier das im obigen Text angegebene.
4 Auch die Benutzung noch anderer Teile des Lokals (Foyer, Restau-
ration u. s. w.) wird überlassen.