IV. Vollmacht des Arbeitnehmers. 293
Die Erteilung einer Vollmacht ist endlich (ad 3) auch in den
zahllosen Fällen anzutreffen, in denen jemand als Rechtsanwalt, Di-
rektor, Vorstand, Beamter, Korrespondentrheder, Schiffer, Flofsführer,
Kassier, Spediteur, Kommissionär, Handlungsgehülfe, Agent, Gerichts-
vollzieher, Kellner u. s. w. in Vollzug eines Arbeitsvertrags im Namen
der für Rechnung des Arbeitgebers Rec htshandlungen vornimmt,
rechtliche Verfügungen trifft, Anerkennungen, Verzichte und Kün-
digungen erläfst, Vollmachten und Genehmigungen erteilt, Käufe und
Mieten, Darlehens- und Arbeitsverträge schließt, Zahlungen macht
und in Empfang nimmt, wodurch er entweder für und gegen sich selbst
Rechtswirkungen gegenüber dem Arbeitgeber erzeugt, oder im Fall
der Stellvertretung über sich selbst hinweg den Arbeitgeber in neue!
der aufser alte Beziehung zu Dritten setzt?, oder endlich beiderlei
Wirkung zugleich (nach innen und nach außen) hervorruft ®.
Alle diese und andere nicht vollzählig anführbaren Eingriffe in
die Rechtssphäre des Arbeitgebers gründen ihre Rechtmäfsigkeit und
ihre Rechtswirksamkeit auf eine durch ihn erteilte Vollmacht weiteren,
nämlich nicht .auf die Stellvertretung beschränkten Sinnes. Diese Voll-
macht ist nicht eine Rechtsfolge des Arbeitsvertrags schlechthin, son-
dern eines für den Arbeitsvertrag als Gattung aufserwesentlichen In-
halts, einer Ermächtigung. Dafs nicht mit dem Arbeitsvertrag als
solehem die Vollmacht als Rechtsfolge verknüpft ist, wird schon da-
durch bewiesen, dafs Arbeitsverträge vorkommen, bei deren Vollzug
der Arbeitnehmer keinerlei Eingriff in die Rechtssphäre des Arbeit-
gebers macht und daher zu solchen nicht bevollmächtigt zu sein
braucht*, Mit dieser Argumentation steht im Einklang, dafs umgekehrt
jemand bei Leistungen von Arbeit zu gewissen Eingriffen in den Rechts-
kreis eines anderen, ja zur Stellvertretung ermächtigt sein kann, ohne
daß er einen Arbeitsvertrag mit dem anderen abgeschlossen hat. „Wer
in einem Laden oder in einem offenen Warenlager angestellt ist,
gilt — nach HGB. 8 56 — als ermächtigt zu Verkäufen und
Emmpfangnahmen, die in einem derartigen Laden oder Warenlager ge-
1 z, B. der Schiffer, der die Schiffsmannschaft annimmt und damit den
Rheder haftbar macht.
® z. B. der Kassier, der eine Schuld seines Arbeitgebers gegenüber
einem Dritten durch Zahlung tilgt.
3 So, wenn er namens des Arbeitgebers (z. B.’des Wirtes) vom Dritten
sich zahlen läfst und hierdurch sowohl den Dritten vom Prinzipal liberiert,
als sich selber dem Prinzipal für Herausgabe der Einnahme ohligiert.
4 z. B. des Dienstmannes, der eine Botschaft auszurichten, des Auskunfts-
bureaus, das eine Referenz zu geben hat.