Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

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vertrages wäre und durch die einseitige Erklärung des Arbeitgebers 
von diesem Vertrag abgelöst werden könnte. 
Die dem Arbeitnehmer zustehende Vollmacht weiteren Sinnes ist 
hiernach nicht eine Rechtsfolge des Arbeitsvertrags, d. h. der bloßen 
Vereinbarung von Arbeit und Entgelt, Abgesehen von der Voll- 
macht engeren Sinnes, die durch Erklärung gegenüber Dritten er- 
teilt werden kann, setzt des Arbeitnehmers Vollmacht einen zwischen 
ihm und dem Arbeitgeber realisierten Thatbestand voraus. Diese 
zum aufserbegrifflichen Inhalt des Arbeitsvertrags in abstracto gehörige 
Bestimmung tritt bald als Ausführungsbestimmung, bald als Zusatz- 
bestimmung auf, 
Ausführungsbestimmung ist sie in den zahllosen Fällen, 
in denen die unter II erwähnten Bestimmungen der Art, des Ortes 
oder des Empfängers der Arbeit die Bevollmächtigung zu all den- 
jenigen Handlungen enthalten, ohne welche die solchergestalt be- 
stimmte Arbeit nicht geleistet werden kann!. Das gilt nicht blofs von 
den gemeinen Handlungen, die ad 1 angeführt worden sind, indem 
z. B. der Arzt zum Untersuchen des. Patienten, der Maurergeselle 
zum Betreten der Baustelle?, der Koch zum Töten der Hühner seines 
Arbeitgebers ermächtigt ist. Es gilt auch von den ad 2 und 3 er- 
wähnten, teils gemeinen, teils rechtsgeschäftlichen Handlungen. Denn 
wer z. B. einen Hauslehrer engagiert, räumt ihm damit Erziehungs- 
zewalt ein; wer einen Handlungsgehülfen in einem Laden oder offenen 
Warenlager anstellt, ermächtigt ihn zugleich zu den darin gewöhnlich 
vorkommenden Verkäufen und Empfangnahmen (HGB. 8 56); wer 
ainen Handlungsreisenden anstellt, ermächtigt ihn dabei zur Einziehung 
der Kaufpreise aus den von demselben geschlossenen Käufen (HGB. 
$ 55). Der Korrespondentrheder, ein Arbeitnehmer der Mitrheder, 
ist im Verhältnis zu Dritten „kraft seiner Bestellung befugt, 
alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, die der Geschäfts- 
betrieb einer Rhederei gewöhnlich mit sich bringt“, z. B. „den Schiffer 
anzustellen und zu entlassen“ (HGB. 8 493); ebenso ist, wenn sich 
das Schiff aufserhalb des Heimathafens befindet, „der Schiffer Dritten 
gegenüber® kraft seiner Anstellung befugt, für den Rheder alle 
Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen. welche die Ausrüstung, 
IV. Vollmacht des Arbeitnehmers. 
ı Vgl. Biermann, a. a. O. S. 104. 105. — Aus dem obigen Grund 
können auch spätere Direktionen des Arbeitgebers für den Vollzug (S. 95) 
mit Ermächtigungen verknüpft sein. 
®? Davon ist das Plakat, das „den beim Bau nicht Beschäftigten den 
£intritt untersagt“, die juristisch selbstverständliche Kehrseite. 
3 wie dem Rheder gegenüber: HGB. 8 534 Abs. 1. 
Loötmar., Arbeitsvertrag, I.
	        
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