228 I. Abschn, 5, Kap.: Herkunft des Inhalts.
oder unbekannt ist!. Sie lälst sich, indem sie die Proposition des
Mitkontrahenten annimmt, den Inhalt des Arbeitsvertrags gefallen, der
durch jene Proposition ausdrücklich oder den Umständen nach vor-
gezeichnet ist. Das Übergewicht der einen Partei, das die andere
von der Mitbestimmung des Vertragsinhalts mehr oder weniger aus-
schliefst, gründet sich auf ihre rechtliche oder thatsächliche Monopol-
stellung: die andere, schwächere, ist dadurch auf jenen Inhalt an-
gewiesen, und zur Fügsamkeit gezwungen. Durch diese Zwangslage
werden gesetzliche Eingriffe veranlafst, welche einen gewissen Inhalt
entweder vorschreiben oder ausschließen (unten 2, a) und so das
Übergewicht vermindern. Wie jene Monopolstellung zuletzt in der
Geringfügigkeit der Konkurrenz, d. h. in der Kleinheit der Zahl der
Bewerber um Mitkontrahenten besteht, so wird sie natürlich dadurch
noch gestärkt, dafs die Zahl der Mitkontrahenten grofs ist und damit
deren Konkurrenz gesteigert wird. Das eben erklärte Übergewicht
findet sich bald auf der Seite dessen, der nach dem Vertrag die Ar-
beit zu leisten haben soll — man denke an große private Beförderungs-
unternehmer, wie Rhedereien und Strafßsenbahngesellschaften, Theater-
und Cirkusunternehmer gegenüber dem Publikum —, bald auf seiten
dessen, der sich die Arbeit ausbedingt?. Beide Male treffen wir die
präponderierende Partei in der Lage, den Inhalt des Arbeitsvertrags
mehr oder weniger ohne die Mitwirkung der anderen Partei zu be-
stimmen, mitunter in dem Grad, daß durch die Zustimmung der
letzteren nur noch die etwa erforderliche Fixierung der Partei ge-
liefert wird. Dieser Sachverhalt kann auch noch dadurch zum Aus-
druck gebracht sein, daß der Vertragsinhalt in seinen Hauptzügen ein
für allemal urkundlich formuliert und soweit der kontradiktorischen
Herstellung entrückt ist?. — Eine gewisse Stärkung wird einer Partei
1 Das Mifsverhältnis der Kontrahenten ist nicht selten ein solches, dafs
schon die Erkundigung des schwächeren nach dem ganzen Inhalt des Ver-
trages das Zustandekommen des Vertrages gefährdet, indem die Erkundigung
als Mifstrauensäufserung oder als Anmafsung aufgefafst wird.
3 Steht er als Kapitalist einem Proletarier gegenüber, so ist sein Über-
gewicht oft so grofs, dafs dem letzteren „beim Vertragsabschlufs jede Ein-
wirkung auf die einzelnen Bedingungen des Arbeitsvertrags entzogen ist“.
Motive zum Arbeiterschutzgesetzentwurf von 1890 S. 44. Ferner das Berliner
Gewerbegericht bei Unger, Entscheidungen S. 169/70: Der Arbeiter hat „in
dem einheitliche Ordnung und Leitung erfordernden Grofsbetrieb nur die
Wahl, ob er zu den vom Arbeitgeber festgesetzten Bedingungen oder über-
haupt nicht in Arbeit treten will“. Demgemäfls Marx, Kapital 1*, 536: „Die
fictio juris des Kontraktes,“ Nothhardt in Zeitschr. f. Staatswissenschaft
55, 343. Pierstorff, Carl Zeifs-Stiftung 8.24.
3 Derartige Urkunden erscheinen als (fakultatiye, d. h. nicht gesetzlich