I. Übersicht, II Schriftform. 9247
welchen Einflufs der Mangel der Handlungsfähigkeit und ferner das
Vorhandensein einer persönlichen, besonders verwandtschaftlichen oder
»helichen Beziehung unter den Paciscenten auf die Eingehung eines
Arbeitsvertrags besitzt; drittens die Frage nach der Freiwilligkeit der
Fingehung, oder allgemeiner die Frage, inwiefern eine Rechtspflicht
besteht, einen Arbeitsvertrag einzugehen, oder sich solcher Eingehung
zu enthalten.
Mit der Behandlung dieser Fragen des Arbeitsvertrags kann die
Darlegung seines Wesens, des ersten der drei Themata dieses Abschnittes,
abgeschlossen werden.
II. Dem Arbeitsvertrag ist zwar ein gewisser Inhalt, nicht aber
auch eine gewisse äußere Form wesentlich. Es giebt freilich einzelne
Arten von Arbeitsvertrag, für welche Schriftform, oder eine bestimmte
Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist, oder von einer Partei verlangt
werden kann. Allein’nur bei zweien ist die Beobachtung der Schrift-
form ein Erfordernis der Gültigkeit des Arbeitsvertrags. Es sind dies
der Eisenbahnfrachtvertrag! und der Beförderungsvertrag, den der
Auswanderer mit dem Auswanderungsunternehmer eingeht?. In den
übrigen Fällen kommt der Schriftlichkeit nur eine geringere Bedeutung
zu. So findet im Anschlufs an die Eingehung des Heuervertrages des
Seeschiffsmannes die Anmusterung statt (SeemO. $$ 10—14), aber
der Heuervertrag ist ohne sie gültig, seine Gültigkeit „ist durch
schriftliche Abfassung nicht bedingt“ (8 24)%. Immerhin giebt, wenn
zwei Heuerverträge eines Schiffsmannes zeitlich kollidieren, die An-
musterung, welche auf Grund des späteren stattgefunden hat, ihm
den Vorzug vor dem früheren, falls diesem keine Anmusterung ge-
folgt ist ($ 26). „Die Anmusterung besteht in der Verlautbarung
des mit dem Schiffsmann geschlossenen Heuervertrags vor einem
ı EisenbahnVO. 8 54: „Der Frachtvertrag ist abgeschlossen, sobald das
Gut mit dem Frachtbrief von der Versandstation zur Beförderung an-
genommen ist.“ Daraus ist zu folgern, dafs dieser Frachtvertrag ohne Fracht-
brief nicht abgeschlossen werden kann.
2 Gesetz über das Auswanderungswesen (9. Juni 1897) $ 22: „Der Unter-
nehmer darf den Auswanderer nur befördern auf Grund eines vorher ge-
schlossenen schriftlichen Vertrags.“ Die Widerhandlung gegen diese Vor-
schrift ist nach $ 43 strafbar, und nach BGB. 8 125 ist ein Rechtsgeschäft,
welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, nichtig.
3 Es macht sich nur der Schiffer strafbar, wenn er versäumt, die An-
musterung zu veranlassen ($ 99 Nr. 1), wie sich der Schiffsmann strafbar
macht, wenn er „unterläfst, sich gemäfs $ 10 zur Musterung zu stellen“ (8 93
Nr. 2.