IX. Gewerblicher A.-V. 1. Gewerbliche Arbeit. 299
von Deutlichkeit und Vollständigkeit angegeben, welches Zweifel an
der Zugehörigkeit von Fällen ausschliefst. Bei dieser verhältnis-
mäfsigen Unbestimmtheit der Grenzen hat ein Moment bei der De-
finition des gewerblichen Arbeitsvertrags mit Unrecht Einflulßs ge-
wonnen, das für die Typen, welche BGB. und HGB. darbieten, nicht
in Betracht kommt, nämlich der gesellschaftliche Rang, den
gewisse Arbeitsarten und Arbeitnehmer in der Würdigung der für die
Rechtsprechung mafsgebenden Kreise einnehmen !. Diese Neigung, im
gewerblichen einen Arbeitsvertrag geringerer Ordnung zu erblicken,
ist durch den Umstand befördert worden, dafs die aus den gewerb-
lichen Arbeitsverträgen entspringenden Prozesse gröfstenteils den Ge-
werbegerichten überwiesen wurden, deren Judikatur vielleicht wegen
der Kleinheit der gewöhnlich auf dem Spiel stehenden Beträge
noch nicht des Ansehens genießt, mit dem die der ordentlichen Ge-
richte umgeben ist. Bei der erwähnten socialen Schätzung spielt,
wie sich denken läfst, die ökonomische Lage des Arbeitnehmers eine
grofse Rolle. Aber wenn auch für sein Gebiet das (neue) Gewerbegerichts-
gesetz in $ 3 Abs. 2 den Betriebsbeamten oder höheren Techniker,
dessen Jahresgehalt zweitausend Mark übersteigt, nicht als Arbeiter
gelten läfs, so ist dies kein Grund, den Arbeitsvertrag eines solchen
Angestellten, dessen Jahresgehalt zweitausend Mark übersteigt, nicht
als gewerblichen Arbeitsvertrag, d.h. als Arbeitsvertrag im
Sinn der Gewerbeordnung gelten zu lassen.
Dieser Typus wird sowohl durch die Art der Arbeit als durch
die Person des Arbeitgebers und die des Arbeitnehmers bestimmt.
1. Ihrer Art nach mufs die Arbeit gewerbliche Arbeit
sein. Von dieser Art ist die Arbeit entweder absolut, oder nur
insofern sie einen Bestandteil des Gewerbebetriebs des Arbeitgebers
ausmacht. Denn die Arbeit eines Zimmermädchens ist nicht für sich,
sondern nur insofern gewerbliche, als sie einem Gastwirt für die Aus-
übung seines Gewerbes geleistet wird. Ebenso ist die Arbeit eines
Künstlers, namentlich eines Musikers oder eines Schauspielers, für sich
nicht gewerbliche Arbeit, wohl aber dann, wenn sie einen Bestandteil
aines Gewerbebetriebes bildet, z. B. einem Theaterunternehmer ge-
leistet wird.
Was unter gewerblicher Arbeit für den gewerblichen Arbeits-
vertrag zu verstehen sei, wird von der GewO, teils stillschweigend
vorausgesetzt. teils mehr oder weniger klar beschrieben. Das erstere
1 $. z. B. Burchardt, Rechtsverhältnisse der gewerbl. Arbeiter S. 70
‚höhere sociale Stellung“.