304 I. Abschn. 7. Kap.: Gesetzliche Typen.
(dem Lehrvertrag) läfst die GewO. fast ungeregelt denjenigen Arbeits-
vertrag über gewerbliche, Arbeit, bei welchem der Arbeitgeber . nicht
das Gewerbe betreibt, dem die aus dem Vertrag zu leistende gewerb-
liche Arbeit angehört!. Den gewerblichen Lehrvertrag regelt die
GewO. allgemein, d. h. auch wenn er ein eigentlicher Lebr-
vertrag, nämlich ein solcher ist, bei dem der Lehrherr die Rechts-
stellung des Arbeitnehmers einnimmt, der die Arbeit der Ausbildung
zu leisten hat, während dem Lehrling oder seinem gesetzlichen Ver-
treter die Rechtsstellung des Arbeitgehers zukommt (S. 79). Solchen-
falls wird die aus, dem Vertrag zu leistende Arbeit nicht für den
Beruf des Arbeitgebers geleistet. Diesem Unterschied und einem
sonstigen Zweifel trägt die GewO. nicht Rechnung. Sie weist dem
eigentlichen Lehrvertrag keinen besonderen Platz an, zählt den ge-
werblichen Lehrling stets zu den gewerblichen Arbeitern und stellt
den Lehrherrn als dessen Arbeitgeber hin?. Nach diesem Hinweis
fällen Gewerbetreibende als Arbeitgeber genannt sind, schliefsen eine
solche Interpretation aus. Hingegen kann die analoge Anwendung des Ge-
setzes im gegebenen Falle statthaft und geboten sein. S. ferner Nelken
a. a. O0. S. 350. 351. .
1 Keine Regelung, sondern nur Erwähnung finden in der GewO. die
Arbeitsverträge der in landwirtschaftlichen Betrieben gegen Entgelt be-
achäftigten Handwerker ($ 87 Abs. 1 Nr. 4. 8 100f Abs. 2. $ 1008 Abs. 1
Nr. 1), Solche Handwerker, z. B. Stellmacher, Schmiede, leisten nach dem
Arbeitsvertrag gewerbliche Arbeit, bisweilen mittelst Gehülfen, aber sie
leisten sie einem Landwirt, also nicht für ein Gewerbe und jedenfalls nicht
für eines von der Art ihrer Arbeit. Dagegen enthält etwas von Regelung
das Verbot des Gewerbetriebs im Umherziehen an Sonn- und Festtagen.
Denn das hiermit verbotene Anbieten „gewerblicher Leistungen“ hindert den
Abschlufs der betreffenden Arbeitsverträge mit dem Publikum ($ 552),
z. B. den Arbeitsvertrag über Messerschleifen. — Ferner beziehen sich die
Bestimmungen der $5 76—78 über Taxen auf Arbeitsverträge über gewerbliche
Arbeit, die nicht im Gewerbebetrieb des Arbeitgebers geschlossen zu sein
brauchen (z. B. die Verträge des Publikums mit Lohndienern, Droschken-
kutschern).
? Man mufs danach annehmen, dafs auch das Gewerbegerichtsgesetz,
welches der GewO. folgt, nicht zweierlei Lehrvertrag unterscheiden wollte.
Wenn es im Eingang von der Entscheidung gewerblicher Streitigkeiten
zwischen Arbeitern und ihren Arbeitgebern als der Aufgabe der Gewerbe-
gerichte spricht, so hat es dabei die Masse der Fälle im Auge gehabt und
keineswegs die in $ 4 Nr. 1 und 2 vorkommenden Streitigkeiten aus dem
Arbeitsverhältnis dann von der Entscheidung des Gewerbegerichts aus-
schliefsen wollen, wenn einmal der seltene Fall vorliegt, dass statt des
Arbeiters dessen gesetzlicher Vertreter Partei ist. Die entgegengesetzten
Urteile bei Unger, Entscheidungen Nr. 191 haften am Wortsinn des 8 1, der
hier den Sinn nicht erschöpft. Letzteres wird bewiesen durch 8 5. An den