XVII Dienst- u. Werkvertrag nicht Arten oder Oberarten. 3927
Ohne Mifsachtung oder Zerrüttung des gesetzlichen Systems
läfst sich das Hindernis nicht beseitigen, welches Dienst- und Werk-
vertrag einer auf die Art der Arbeit gegründeten Gruppierung der
Arbeitsverträge bereiten. Wollte man ungeachtet dieses Hindernisses
Dienst und Werkvertrag als Oberarten betrachten, so würde sich eine
neue Schwierigkeit daraus ergeben, dafs Dienst- und Werkvertrag
miteinander verglichen darin übereinkommen, dafs sie gleichermaßen
(nicht absolut) gegen den Unterschiel in der Art der Arbeit in-
different sind, so dafs die auf die Art der Arbeit gegründete Ein-
teilung schon hier, d. h. bei der Distinktion dieser zwei Verträge,
nicht realisierbar ist.
Nach BGB. $ 675 kann die Geschäftsbesorgung, eine Art der
Arbeit, Gegenstand sowohl des Dienst- als des Werkvertrags sein
(Nr. IV). Ein Arbeitsvertrag, in welchem Geschäftsbesorgung ver-
einbart ist, kann daher nicht vermöge der Arbeitsart dem Dienst-
oder dem Werkvertrag zugeteilt werden. Aber nicht blofs die
gleiche Arbeitsart, wie im eben erwähnten Fall, sondern auch die
identische Arbeit kann, sogar gleichzeitig, den Vollzug eines
Dienst- und eines Werkvertrags bilden. Denn wenn das Haar-
schneiden, das sich der Kunde vom Friseur durch einen Werkvertrag
ausbedungen hat, vom Friseurgehülfen auf Anordnung des Prinzipals
vorgenommen wird, so kann mit dieser einen Arbeit sowohl die
Werkvertragsleistung des Friseurs gegenüber dem Kunden als eine
Dienstvertragsleistung des Gehülfen gegenüber dem |Prinzipal voll-
bracht werden. Endlich würde ohne die übereinstimmende Indifferenz
von Dienst- und Werkvertrag gegenüber der Arbeitsart nicht darüber ge-
stritten werden, ob der Arbeitsvertrag z. B. über die Berufsthätigkeit
des Handlungsagenten oder des Schauspielers ein Dienst- oder ein
Werkvertrag sei!.
Wegen der eben besprochenen Indifferenz des Dienst- und des
Werkvertrags kann die Zuteilung der einzelnen gesetzlichen Typen
des Arbeitsvertrags an jene beiden als Oberarten gedachten Verträge
nicht auf die Species der Arbeit gegründet‘ werden. Es gewährt die
Art der Arbeit z. B. im Arbeitsvertrag zwischen dem Rechtsanwalt
und dem Klienten, oder im Arbeitsvertrag zwischen dem Konfektionär
und dem Hausindustriellen keinerlei Anhaltspunkt für die Ent-
scheidung, ob dieser Arbeitsvertrag der einen oder der anderen von
den zwei angeblichen Oberarten angehört.
1 zz. B. Staub, Kommentar zu HGB. 8 84 Anm. 4, Riezler, Werk-
vertrag S. 84, Opet, Theaterrecht S. 162. Vgl. oben S. 29832.