I. Gesetzliche und private Regelung. 361
Die reichsgesetzlichen Regeln ordnen die Zahlungszeit nicht er-
schöpfend und sind nicht alle zwingend. Soweit sie danach, sei es
extensiv, sei es intensiv, der Privatdisposition Raum lassen, kann
diese Platz greifen, und soweit die Privatdisposition den ihr gelassenen
Raum nicht ausfüllt, sind Gewohnheitsrecht, namentlich Ortsgebrauch,
und Gesetze zur Ausfüllung berufen, Die Privatdisposition kann eine
individuelle oder eine generelle sein. Sie ist eine individuelle, wo sie
durch Abrede dieses individuellen Arbeitgebers und dieses indivi-
duellen Arbeitnehmers für ihren einzelnen Arbeitsvertrag getroffen
wird. Sie ist eine generelle — gleich der vom objektiven Recht ge-
troffenen Disposition —, wo sie entweder Bestandteil eines Tarif-
vertrags ist, somit auf kollektiver Vertragsschließung beruht (z. B.
S. 357% 358?) .oder Bestandteil einer vom Arbeitgeber erlassenen
Arbeitsordnung (Werkstattordnung u. dgl.) ist. Beide Male handelt es
sich um eine Zeitbestimmung, die nicht blofs für einen einzelnen,
gegebenen Arbeitsvertrag gilt, sondern für eine unbestimmte Mehrheit
von Arbeitsverträgen und ohne Rücksicht auf die Individualität der
Parteien oder doch der Arbeitnehmer; sie gilt für den einzelnen
Arbeitsvertrag, wie wenn sie in demselben getroffen worden wäre
(S. 231 al. 4). Wo nach GewO. 88 134», 139% und 154 Abs. 2 eine
Arbeitsordnung zu erlassen ist, mufs sie nach $ 134) Nr. 2 Bestim-
mungen enthalten „über Zeit und Art der Abrechnung und Lohn-
zahlung“, d. h. über die Zahlungszeit. Wie weit diese Bestimmungen
zu gehen haben, sagt das Gesetz nicht (vgl. S. 360°).
Die Zahlungszeit, soweit sie nicht vom objektiven Recht zwingend
geregelt ist, gehört zu den Bestimmungen des Arbeitsvertrags, die der
Kontroverse der Paciscenten ausgesetzt sind. Denn da es sich um
die Zeit einer Leistung handelt, welche die eine Partei zu machen,
die andere zu empfangen hat, so werden ihre Interessen an der
Zeit — wie an dem Umfang der Leistung, d. h. der Höhe des Lohnes,
obzwar in geringerem Male als hier — auseinandergehen. Daher
gehört die Zahlungszeit zu denjenigen Bestimmungen des Arbeits-
vertrags, um welche sowohl von den einzelnen Kontrahenten eines
gegenwärtigen Arbeitsvertrags gefeilscht, als von den durch das
gleiche Parteiinteresse vereinigten Kontrahenten künftiger
als einen Monat und nicht kürzer als eine Woche sein dürfen.“ Diese Vor-
schrift bezieht sich auf Lohnzahlungsperioden (S. 346), setzt also Arbeits-
verhältnisse voraus, in denen mehrmalige Zahlung vorkommt.
ı Mit Bezug auf die obligatorische Arbeitsordnung sagt GewO. $ 1340:
„Der Inhalt der Arbeitsordnung ist, soweit er den Gesetzen nicht zuwider-
läuft. für die Arbeitgeber und Arbeiter rechtsverhbindlich.“