Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

378 IL. Abschn. Zahlungszeit. 3. Kap.: Kreditierung. 
ist nur das im ersten Absatz von BGB. $ 273 bestimmte, nicht 
das des zweiten Absatzes; denn in letzterem wird „das gleiche 
Recht“ verliehen demjenigen, dem „ein fälliger Anspruch wegen 
Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch 
Jiesen verursachten Schadens zusteht“, was offenbar vom Lohn- 
anspruch verschieden ist. . Ist dieser fällig — was voraussetzt, dafs 
die zu entgeltende Arbeit bereits geleistet worden ist — so kann der 
Arbeitnehmer, wenn sich nicht ein ‚anderes aus dem Schuldverhältnis 
ergiebt, jede weitere Leistung provisorisch verweigern, zu der er aus 
demselben rechtlichen Verhältnis verpflichtet ist, dem sein Lohn- 
anspruch entspringt, und dies ist hauptsächlich Arbeitsleistung. Mag 
er die fernere Arbeit persönlich oder durch Dritte zu verrichten 
baben, er kann sie verweigern, „bis die ihm gebührende Leistung be- 
wirkt wird“!. Freilich ist die Verweigerung neuer Arbeit, bis die 
fällige Vergütung für die alte entrichtet ist, ein Mittel, das da versagt, 
wo das Arbeitsverhältnis zu Ende gegangen ist, und daher der 
Arbeitgeber ohnehin nicht neue Arbeit beansprucht. Wo hingegen 
das Arbeitsverhältnis noch besteht, hat das Zurückbehaltungs- 
recht, das durch Arbeitsweigerung geltend gemacht wird, noch die 
fernere Bedeutung, dafs diese Arbeitsweigerung nicht Unrecht ist und 
daher nicht einen der gesetzlich definierten Entlassungsgründe abgeben 
kann. Nach GewO. $8 123 Nr. 3. 127% Abs. 2. 134 Abs. 1. 133° 
Nr. 3 kann gegenüber Gesellen, Gehülfen, Lehrlingen, Fabrikarbeitern 
und höheren Angestellten unbefristete Kündigung stattfinden, wenn 
sie den aus dem Arbeitsvertrage „ihnen obliegenden Verpflichtungen 
nachzukommen beharrlich verweigern“. Selbstverständlich nur, wo 
Jiese Verweigerung rechtswidrig ist?*. Ebenso unterliegt nach HGB. 
372 Nr. 2 und $ 77 Abs 3 der Handlungsgehülfe und der Handlungs- 
lehrling unbefristeter Kündigung, wenn er „sich beharrlich weigert, 
zeinen Dienstverpflichtungen nachzukommen“. Der Bedingung der 
Unrechtmäfsigkeit giebt der Vorbehalt Raum: „sofern nicht besondere 
Umstände eine andere Beurteilung rechtfertigen“. 
Da die Verweigerung der Arbeit als Ausübung des Zurück- 
vehaltungsrechts, d. h. als Mittel, die fällige Vergütung für die geleistete 
Arbeit zu erlangen, da gegenstandslos ist, wo eine Verpflichtung zu 
fernerer Arbeit nicht besteht, so ist es für den Arbeitnehmer sehr wichtig, 
dafs er das Zurückbehaltungsrecht, das ihm $ 273 wegen des fälligen 
Lohnanspruchs gewährt, auch noch auf andere Art und demnach 
1 Wegen der prozessualen Durchführung s. BGB. 8 274. 
2 Vgl. S. 117 oben.
	        
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