VIIL Vorschufs- und Abschlagszahlung. 393
Nachdem wir im vorstehenden den Begriff der Vorschuls- und
Abchlagszahlung und damit ihr Verhältnis zur Lohnzahlung schlecht-
hin, nämlich ‚zur rechtzeitigen Ganzzahlung kennen gelernt haben,
sind schlielslich noch einige durch jenen Begriff nahe gelegte
Fragen zu behandeln, die zum Teil von großer praktischer Be-
deutung sind :
i. Ist im voraus eine Zeit für die Vornahme der Vorschuls-
und Abschlagszahlung bestimmt, so wird diese mit Eintritt jener Zeit
fällig, und es kann hinsichtlich dieser Teilleistung der Schuldner
ebensowohl in Verzug kommen wie bei der Lohnzahlung schlechthin.
Dafs nach BGB. $ 641 Abs. 2 der Arbeitgeber des Werkvertrags eine
Geldvergütung von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen hat,
zilt zwar ebenso für die Teilvergütung bei der‘ Teilabnahme,
zilt aber nicht von der Vorschufs- und Abschlagszahlung, da bei
dieser keine Abnahme stattfindet. — Die vorherige Bestimmung einer
Zeit für die Lohn- und Abschlagszahlung giebt, da diese Zahlung
ausschliefslich im Interesse des Gläubigers verabredet wird, dem
Schuldner kein Recht zur Teilleistung!, und die Ablehnung der
Vorschufs- und Abschlagszahlung versetzt den Gläubiger nicht in
Verzug. Daher hat hier der Schuldner nicht das Recht der Hinter-
legung aus $ 372.
2. Die Vorschulfs- und Abschlagszahlung ist kein Darlehen * : offenbar
nicht, soweit der gezahlte Teil der Vergütung durch Arbeit bereits ver-
lient ist (S. 389 Nr. 3. S. 392), da ja hier selbst von Kreditierung nur
im Hinblick auf die in der Zukunft liegende Fälligkeit der ganzen
Vergütung die Rede sein kann (S. 391 al. 2). Aber auch wenn und
soweit das Gezahlte noch nicht verdient ist, liegt kein Darlehen vor,
weil auch hier die Zahlung nicht obligandi animo, sondern
solvendi animo gemacht wird. Dals eine Schuld vor ihrer Fällig-
keit „bezahlt“ werden könne, anerkennt BGB. & 272% Wird nun
ı Die Regel diei adjectio pro reo est gilt auch nach BGB. 8 271 Abs. 2
im Zweifel. Sie bezieht sich aber nicht auf die Teilleistung. Die Worte in
BGB. 8 1223 Abs. 2 „sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist“
zeigen, dafs dem BGB. die Annahme eines Rechts des Schuldners zur Leistung
and einer späteren Entstehung dieses Rechts nicht fremd ist.
3 Gegen Darlehen: v. Schey, Obligationsverhältnisse des österr. Privat-
rechtes I, 48. 49. Schalhorn in Soziale Praxis VIII, 797. 798. — Dafs „Vor-
schüsse“ Darlehen oder Quasidarlehen sein können, wird mit dem Obigen
nicht in Abrede gestellt, vgl. HGB. 88 397. 410. 440.
8 „Auch im voraus gezahlter Lohn — “Vorschufs? — ist “bezahlt?“: Ge-
werbegericht V, 64 und 10 unten. Hingegen in dem daselbst Sp. 156. 157