Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

394 II. Abschn. Zahlungszeit. 4. Kap.: Aufrechnung. 
die Vorschufs- und Abschlagszahlung nicht obligandi animo gemacht, 
so kann sie nicht eine Forderung des Arbeitgebers erzeugen, die 
neben die durch den Arbeitsvertrag begründete, auf die Arbeitsleistung 
gehende treten und gegen die fällig gewordene Lohnforderung auf- 
gerechnet werden könnte und, soweit Aufrechnung unstatthaft, durch 
Zahlung getilgt werden müßte. Wäre ferner die Vorschufs- und Ab- 
schlagszahlung ein Darlehen, so könnte sie einem Minderjährigen 
nicht ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters gemacht werden, 
auch wenn dieser jenen ermächtigt hat, in Dienst oder in Arbeit zu 
treten, da zu den Rechtsgeschäften, für welche hiernach der Minder- 
jährige unbeschränkt geschäftsfähig ist (BGB. $ 113), das Darlehen 
nicht gehört. Wohl aber gehört hierzu jede Lohnzahlung, auch die 
Vorschuls- und Abschlagszahlung. Dalfs die in Rede stehende Vor- 
schufßs- und Abschlagszahlung (gleich den S. 388 al. 2 und S. 389 Nr. 2 
erwähnten Vorschulszahlungen) kein Darlehen ist, ergiebt sich endlich 
auch aus der Behandlung, die $ 196 Nr. 8. 9 vgl. 16 der Verjährung 
der Ansprüche der Arbeitgeber wegen der den Arbeitnehmern auf 
deren Vergütungsansprüche gewährten Vorschüsse zu teil werden läßt. 
Es verjähren nämlich diese Ansprüche der Arbeitgeber (auf Rück- 
erstattung, soweit die vorgeschossene Vergütung nicht verdient worden 
ist) ebenso in zwei Jahren wie die Vergütungsansprüche der Arbeit- 
nehmer. Das hat guten Sinn, wenn der Arbeitgeber seine Leistung 
aus dem Arbeitsvertrag zurückfordert, und hat nicht guten Sinn, 
wenn der Darleiher die fremde Darlehnsleistung fordert. 
3. Dafßs nach BGB. $ 208 die Verjährung unterbrochen wird, 
wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch 
durch „Abschlagzahlung“ anerkennt, bezieht sich nicht auf unsere 
Vorschufs- und Abschlagszahlung, weil diese vor der Fälligkeit der 
Vergütungsforderung , somit vor dem Beginn ihrer Verjährung statt- 
findet. Vielmehr ist mit jener Abschlagzahlung die S. 388 Nr. 1 er- 
wähnte, nach Eintritt der Fälligkeit erfolgende gemeint. ; 
4. Wo Vorschufs- und Abschlagszahlung zwar im voraus ver- 
einbart, auch eine Zahlungszeit dafür bestimmt,. aber die Höhe dieser 
Partialvergütung unbestimmt geblieben ist, richtet sich ihre - Höhe, 
mitgeteilten Fall liegt deutlich Darlehen vor, da obligandi animo geleistet 
wurde, wie die Abrede über die Rückerstattung des Vorgeschossenen zeigt. — 
Wo durch den Vorschufs nicht so weit möglich der ganze verdiente Lohn, 
sondern nur ein Teil oder successive Teile desselben beglichen werden sollen, 
ist Darlehn anzunehmen. Daher ist unrichtig die Entscheidung in Gewerbe- 
gericht VI, 170.
	        
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