Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

IIL Aufrechnungsverbot des 8 394 BGB. 401 
bei dem Lohnanspruch des Arbeitnehmers der Fall zu sein pflegt. 
Diesen schwerwiegenden Unterschied zwischen der Forderung des 
Arbeitnehmers und der Gegenforderung des Arbeitgebers mufs man 
sich stets gegenwärtig halten und namentlich dann, wenn man wegen 
des deliktischen Ursprungs der Gegenforderunz — man denke an 
Sachbeschädigung oder Betrug des Arbeitnehmers — in Versuchung 
kommt, die Kompensation zu befürworten und damit ihren durch 
ökonomische Rücksicht diktierten Ausschlufs von der moralischen 
Würdigkeit des Arbeitnehmers abhängig zu machen!. 
Das Postulat der Beschränkung der Aufrechnungsfreiheit wird 
durch drei gesetzliche Bestimmungen verwirklicht, die einzeln unter 
Nr. III, IV und V zu besprechen sind. Wie sich die zweite zur 
ersten verhält, wird bei der zweiten, und wie sich die dritte zu den 
zwei ersten verhält, bei der dritten gesagt, somit jede zunächst ohne 
Rücksicht auf die Modifikation behandelt werden, die sie durch die 
folgenden erfährt: 
III. BGB. $ 394 Satz 1 bestimmt: „Soweit eine Forderung der 
Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die 
Forderung nicht statt.“ Was der Pfändung nicht unterworfen ist, 
ergiebt sich teils aus, dem BGB., teils aus anderen Reichsgesetzen, 
namentlich aus CPO. 8 850. Mit einer Ausnahme handelt es sich 
allenthalben nicht um Vergütungsforderungen, die durch einen 
Arbeitsvertrag begründet worden sind?. Es gehört darum nur 
jener Ausnahmefall hierher. Als der Pfändung nicht unterworfen wird 
in CPO. 8 850 unter Nr. 1 aufgezählt: „Der Arbeits- oder Dienstlohn 
nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1869“ 8, 
Wenn und soweit die Vergütungsforderung nach dem erwähnten 
1 Vgl. z. B. Wolff in Gewerbegericht II, 118: „Zumal bei gröfseren 
Schäden sieht der Arbeitgeber die Unexequierbarkeit durch Urteil ein. Soll 
larum ein Privileg für leichtfertiges Arbeiten geschaffen werden?“ 
Burchardt, Deutsche Juristenzeitung 1900 S. 264 vor Nr. 4. 
? Das dürfte auch von CPO. 8 850 Nr. 8 gelten („das Diensteinkommen 
ler Offiziere, Militärärzte und Deckoffiziere, der Beamten, der Geistlichen 
sowie der Ärzte und Lehrer an öffentlichen Anstalten“). 
» Gesetz betr. die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes. Dazu 
lie Änderungen in Art. 1 des Gesetzes wegen Abänderung des Gesetzes betr. 
lie Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes und der CPO, vom 29. März 
1897 (RGBl. S. 159) und in Art. III des Einführungsgesetzes zu dem Gesetze 
betr. Änderungen der CPO. vom 17. Mai 1898 (RGBIL. S. 333). 
Lotmar, Arbeitsvertrag. I. 26
	        
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