Full text: Der Arbeitsvertrag nach dem Privatrecht des Deutschen Reiches (1)

418 II. Abschn. Zahlungszeit. 4. Kap.: Aufrechnung. 
ist die Kompensation mit anderen Gegenforderungen nur insofern 
unzulässig, als überhaupt nach BGB. & 394 nicht aufgerechnet werden 
kann. 
Machen wir uns die Rechtsordnung an einigen Beispielen klar: 
a. Mit einem Schlosser, der oft in die Umgegend zur Montierung 
geschickt wird, ist monatlich zahlbarer Tagelohn von 4 Mk. und für 
die Tage auswärtiger Arbeit 6 Mk. (einschliefslich des Spesenersatzes) 
vereinbart. Soweit der Spesenersatz reicht, ist nach BGB. 8 394 die 
Aufrechnung gegen die Lohnforderung zulässig. Nach der GewO. 
hingegen, in dem hier verfochtenen Sinn ihres $ 115, ist die Kom- 
pensation gänzlich ausgeschlossen. 
b. Lohnforderung eines Werkmeisters, der einen Monatslohn von 
200 Mk. hat, so dal „der Gesamtbetrag seiner Vergütung 1500 Mk. 
für das Jahr übersteigt“. Sein Arbeitsvertrag fällt unter die von 
GewO. 8 115 betroffenen. Nach der hier vertretenen Ansicht kann 
gegen seine Lohnforderung gemäß GewO. 8 115 schlechthin nicht 
kompensiert werden. Nach der hier bekämpften Ansicht ist zu unter- 
scheiden. Soll nämlich mit einer Kreditforderung kompensiert werden 
— indem dem Werkmeister „Waren“ vom Prinzipal kreditiert worden 
sind — so ist die Aufrechnung nach GewO. $ 115 ausgeschlossen; 
soll dagegen mit einer Schadensersatzforderung kompensiert werden, 
so kann nicht GewO., sondern nur BGB. 8 394 angerufen werden. 
Aber der Ausschlufßs der Kompensation greift nach BGB. $ 394 insofern 
nicht Platz, die Aufrechnung ist insofern zulässig, als die Gesamt- 
vergütung 1500 Mk. fürs Jahr übersteigt. Dieselbe Entscheidung hat 
man zu treffen — und zwar auch für den Fall, daß mit der Kredit- 
forderung kompensiert werden soll — wenn man das Aufrechnungs- 
verbot der GewO. überhaupt für beseitigt hält. 
c. Lohnforderung eines Aushülfskellners, der an Werktagen 
Schneiderei betreibt und Sonntags Kellnerarbeit verrichtet. Der Wirt 
setzt der Lohnforderung eine Schadensersatzforderung für zerbrochenes 
Geschirr entgegen, nicht eine Kreditforderung. Der Arbeitsvertrag 
fällt unter die von GewO. $ 115 betroffenen. Nach der hiesigen 
Ansicht ist die Aufrechnung gemäfs diesem $ 115 ausgeschlossen. 
Nach der bekämpften Deutung des $ 115, oder wenn man das Auf- 
rechnungsverbot der GewO. überhaupt für aufgehoben hält, ist die 
Kompensation zuzulassen. Denn BGB. 8 394, welcher nach diesen 
beiden hier angefochtenen Ansichten allein mafsgebend ist, gewährt 
den Ausschlufs der Aufrechnung nur dann, wenn das Arbeitsverhältnis, 
dem die Lohnforderung entspringt, die Erwerbsthätigkeit des Arbeit-
	        
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