I. Zurückbehaltung und Nachleistung. ; 428
nach dem Beschlagnahmegesetz nicht in Abrede stellen, — natürlich
nur, soweit die Arbeit geleistet ist. Um so wertvoller ist danach für
den Arbeitnehmer der Rechtssatz, dafs die Aufrechnung gegen
Vorschuß- und Abschlagsforderung auch nach dem Zahlungstag aus-
geschlossen ist, trotzdem der‘ Lohn nicht eingefordert worden ist.
Die in Rede stehende Schranke der Aufrechnungsfreiheit ist (im
Gegensatz zu Nr. III und Nr. IV) dispositiven Rechts, da sie sich nur
auf den gewöhnlichen Sinn der Bestimmung einer Zahlungszeit für
die Vorschufßs- und Abschlagszahlung gründet. Ist diese Bestimmung
ausnahmsweise in dem Sinn getroffen worden, dals der Schuldner jene
Zahlung zur bestimmten Zeit machen kann, so mufs ihm zu dieser
Zeit auch die Aufrechnung freistehen.
Fünftes Kapitel.
Zurückbehaltung.
I. Die Zurückbehaltung der Vergütung ist S. 397 neben der im
vorigen Kapitel abgehandelten Aufrechnung als Deckungsmittel des
Arbeitgebers genannt worden. Beide dienen dem Arbeitgeber zur
Deckung von Ansprüchen aufser dem Anspruch auf die Arbeits-
leistung; denn für diesen letzteren — d.h. dafür, dafs ihm nicht
nach Entrichtung der Vergütung die dadurch entgoltene Arbeit
ausbleihe — bedarf der Arbeitgeber nicht der Zurückbehaltung der
Vergütung, weil er hier ja ohnehin nachleistungsberechtigt ist. Durch
dieses Nachleistungsrecht ist (für jene Arbeitsforderung) dem Be-
dürfnis der Deckung vorgebeugt; der Arbeitgeber braucht sich gar
nicht zu exponieren. Das Recht nachzuleisten ist kein Zurück-
behaltungsrecht im Sinn des BGB. S 273, den allein wir im Auge
haben, weil die Leistung des Retinierenden fällig ist, die des Nach-
Jeistungsberechtigten nicht, weil ferner die Ausübung des Zurück-
behaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abgewandt werden kann,
die des Nachleistungsrechts nicht, und weil endlich zwar die Geltend-
machung des Zurückbehaltungsrechts, nicht aber die des Rechts zur
Nachleistung die Verurteilung zur Erfüllung Zug um Zug herbeiführt
(BGB. 8 274)l. Dafs der Arbeitgeber sich für jene anderen An-
1 In dieser Verurteilung kommt das in Rede stehende Zurückbehaltungs-
recht, das sich nicht auf Leistung und Gegenleistung aus einem gegenseitigen
Vertrag bezieht, mit dem aus solchem Vertrag entspringenden Weigerungs-
recht (BGB. 8 320) überein, während es sich in den Voraussetzungen und in
der sonstigen Wirkung (Abwendbarkeit durch Kaution) wesentlich von dem
letzteren unterscheidet.