430 II. Abschn. Zahlungszeit. 5. Kap.: Zurückbehaltung.
Betrages der Ersatzschuld anzunehmen *. Dieser Aufrechnungsvertrag
ist zwar ungültig (S. 408), aber seine Ungültigkeit wird vom Arbeit-
nehmer nicht geltend gemacht werden, denn wenn er das Abgezogene
als schuldigen Lohn fordert, so wird es wegen der ‘von ihm noch ge-
schuldeten Ersatzleistung zurückbehalten werden, bis die Ersatz-
leistung „bewirkt wird“.
IV. Hieraus ersieht man aber auch, dafs der Zweck, den das
Gesetz mit dem Ausschluls der Kompensation gegen die Vergütungs-
forderung erreichen will — nämlich dem Arbeitnehmer den durch die
geleistete Arbeit verdienten Lohn ungeschmälert zu verschaffen, ohne
Rücksicht auf irgendwelche noch so begründeten gleichartigen Gegen-
forderungen des Arbeitgebers —, vereitelt werden kann, sobald der
Arbeitgeber den geschuldeten Lohn zurückbehalten könnte wegen
eines fälligen Anspruchs auf eine gleichartige Leistung. Es istdaher
eineanaloge und als solche unerläfsliche. Anwendung
des Kompensationsverbots, es geschieht im Geist des-
selben und zur Vermeidung einer Auslegung in fraudem
legis, wenn man in diesen Fällen, sofern die Kompen-
sation ausgeschlossen wäre, auch die Zurückbehaltung
nicht zuläfst. Zur Unterstützung solcher Analogie kann man sich
auch darauf berufen, dafs nach BGB. $ 273 das Zurückbehaltungsrecht
gar nicht unbedingt, d. h. nicht ohne Rücksicht auf die Natur des Schuld-
verhältnisses Platz greift, sondern nur, „Sofern nicht aus dem
Schuldverhältnis sich ein anderes ergiebt“. Das Arbeits-
verhältnis ist nun ein Schuldverhältnis, aus dem sich angesichts des
dafür geltenden Kompensationsverbots ein anderes ergiebt, nämlich
ergiebt, dafs der Arbeitgeber, der den Lohn schuldet, nicht um einer
gleichartigen Schuld des Arbeitnehmers willen den Lohn zurück-
behalten darf, darum nicht zurückbehalten darf, weil die Zurück-
behaltung in diesem Falle leicht zu dem faktischen Ergebnis führen
kann, welches vom Kompensationsverbot hintangehalten werden soll.?.
ı Wohl nur diese Sachlage hat Sinzheimer in Gewerbegericht V,
139 im Auge mit den Worten: „Es widerspräche aller Vernunft und aller
durch den Rechtsverkehr erworbenen Erfahrung, wenn man annehmen wollte,
dafs der den Lohn Retinierende die Lohnsumme nur gegen Empfang des
ihm zukommenden Schuldbetrags seines Gläubigers, also Zug um Zug, heraus-
geben würde, und nicht einfach dadurch, dafs er aufrechnet und damit die
beiderseitigen Forderungen tilgt.“
2? Zustimmend v. Franckenberg in Soziale Praxis IX, 366, ein Urteil
in Gewerbegericht V, 125 al. 2, Sinzheimer ebenda Sp. 137—141, mit der
Betonung, „dafs der Gesetzgeber das Mittel nicht wollen kann, wenn er den