438 II. Abschn. Zahlungszeit. 6. Kap.: Einbehaltung.
Bestellung einer Sicherheit für den Arbeitgeber, wie unter Nr. VI
hei Besprechung der Einbehaltungszwecke auszuführen sein wird.
Zur Begründung des Einbehaltungsrechts ist ein wirklicher Vertrag
des angegebenen Inhalts erforderlich, und nicht genügend ein Schein-
vertrag. Ob der Arbeitgeber einseitig eigenmächtig einbehält, unter
dem Widerspruch des Arbeitnehmers einbehält, ob ein Widerspruch
des letzteren nur darum nicht laut wird, weil der Arbeitnehmer
nichts von der Einbehaltung weiß, oder die einseitige Einbehaltung
für gerechtfertigt hält, Oder die Unrechtmälsigkeit der Einbehaltung
erkennend sich schweigend fügt, die Einbehaltung duldet, um sich nicht
noch einen unverhältnismäfig gröfseren Nachteil zuzuziehen, all dies macht
keinen Unterschied: wenn die Einbehaltung oder ihre Einräumung in
der angedeuteten Weise zu stande kommt, so ist ein Einbehaltungs-
recht nicht begründet worden!. Eine Einbehaltung ohne wirklichen
Einbehaltungsvertrag versetzt den Arbeitgeber in Leistungsverzug und
gewährt dem Arbeitnehmer unter Umständen das Recht zu unbe-
fristeter Kündigung des Arbeitsverhältnisses (BGB. $ 286. GewO. $ 124
Nr. 4. $ 1334 Nr. 2. HGB. $ 71 Nr. 2 u. s. w.)?®, Dahingegen die
Einbehaltung, welche mit erklärter Einwilligung des Arbeit-
nehmers erfolgt, ist in der Regel gültig, verstöfst namentlich nicht
wider GewO. $ 115.? Denn das Gebot der baren Auszahlung der Löhne
verpönt nur den definitiven Abzug (S. 414 Nr. 2), d. h. denjenigen,
bei dem die Schuld im Umfang des abgezogenen Betrages als er-
loschen gelten soll, verpönt jede Methode der Berichtigung oder
Tilgung der Lohnforderung, die nicht Barzahlung ist“. Hingegen bei
für 1899 S. 7: „Lohneinbehaltung bis zu 50 Mk., die allerdings verzinst
wurden.“
ı Vgl. z. B. „Manche Rübenbauer behalten freilich den Lohn des Abends
inne, aber nicht, um die Kinder zur Sparsamkeit zu veranlassen, sondern sie
zu zwingen, dafs sie am andern Tage wiederkommen und nicht vom einem
anderen Rübenbauer weggeschnappt werden“; Blätter für soziale Praxis vom
28. Juni 1894 S. 225 („Schulkinder beim Rübenverziehen“). — „Es werde von
ihnen (den Kesselreinigern, meist jungen Leuten mit Tagelohn von 2 Mk.)!)
ein Betrag von 1 Mk. vom Tagelohn einbehalten, der als Sicherheit dafür
diene, dafs der Arbeiter die übernommene Nachtarbeit (nach der Tagesarbeit!)
auch antrete.“ Bericht der Senatskommission für die Prüfung der Arbeits-
verhältnisse im Hamburger Hafen (1898) S. 79 (nach Auskunft der Kessel-
reinigerbaagse). Blätter für soziale Praxis vom 24. Mai 1894 (S. 183).
? Berliner Gewerbegericht in Vorwärts vom 30, Juni 1899.
® wie Fuld, Lohneinhaltung und Sparzwang (in Soziale Praxis VILL,
5. 6) wegen „des legislatorischen Motivs“ der 88 115—119®* GewO. anzunehmen
scheint. .
* Gemäfs GewO, 8 116: „Arbeiter, deren Forderungen in einer dem 8 115
zuwiderlaufenden Weise berichtigt worden sind .. “