VII. Beschränkung der kautionalen E. durch GewO, $ 119% 445
demgemäfs auch des Binnenschiffers und des Flofsführers!. Indem
die GewO, die höheren Angestellten von der Vorschrift des 8 119%
eximierte, hat sie dem Umstand Rechnung getragen, dafs diese Per-
sonen des gesetzlichen Schutzes weniger bedürfen, weil sie in der
Lage sind, entweder ein Vertragsanerbieten, das ihnen die Duldung
einer weitgehenden Einbehaltung zumutet, zurückzuweisen* oder eine
solche Einbehaltung leichter zu ertragen. Diese Personen gehören
aber doch zu den gewerblichen Arbeitern, denen nach GewO, $ 115
die Löhne bar auszuzahlen sind (S. 412). Wenn daher die GewO.
die Einbehaltungsverträge dieser Personen unbeschränkt gelten läfst,
so ist anzunehmen, dafs sie die vertragsmäfsige Einbehaltung zur
Sicherung des Arbeitgebers nicht dahin auffafst, dafs die Einbehaltung
zu einer Berichtigung der Lohnforderung führt (S. 438—839).
Danach bleibt trotz der Sicherungseinbehaltung die Lohnforderung in
Ansehung des Einbehaltenen als Lohnforderung aufrecht. Was vom
Arbeitgeber verlangt werden kann, wenn die Sicherung gegenstandslos
wird, ist nicht Rückgabe einer Kaution, sondern Lohnzahlung, für
welche nach wie vor das Gebot der Barzahlung des 8 115 GewO.,
das Konkursprivileg der KO. 8 61 Nr. 1 und die Unpfändbarkeit des
BeschlG. (S. 437?) gelten. — Eine weitere Konsequenz aus der Auf-
fassung, welche die GewO. von der fraglichen Einbehaltung hat, ist
die, dafs sie diese Einbehaltung für die unter ihren $ 1192 fallenden
gewerblichen Arbeiter nur im Umfang des Einbehaltbaren regelt,
im übrigen aber frei läfst. Mit anderen Worten: aus GewO. $ 119%
ist nicht zu schließen, dafs jede Lohneinbehaltung, die nicht zur
dort genannten Sicherung ausbedungen wird, ungültig ausbedungen
wird®, sondern nur, dafs allein diese kautionale in ihrem Male
beschränkt ist, jede andere dagegen ungemessen verabredet werden
rann%*. Es vehören zu den anderen z. B. Einhehaltungen zur „Garantie
ı BiSchG. 8 20 Abs. 1. FIG. $ 16 Abs. 1.
2 Die gleiche Widerstandsfähigkeit wird den gewöhnlichen Arbeitern „in
Zeiten geschäftlichen Aufschwungs“ zu teil, wo „kein Arbeiter sich mehr auf Lohn-
einhaltung (sic) einläfst“: Jahresberichte der preufs. Gewerberäte f, 1899 S. 181.
8 wie in Gewerbegericht IV, 86 angenommen wird, dagegen Evert.
Handb. d. gewerblichen Arbeiterschutzes (1900) S. 53.
4 Der Gewerbeinspektor in Essen berichtet (Jahresber. der preufs. Ge-
werberäte f£, 1899 S. 505): „An den Lohntagen wird bei sämtlichen Lehrlingen
der Firma (Eisengiefserei von Friedr. Krupp) nur die Hälfte des Lohnes aus-
gezahlt, die zweite Hälfte erhalten sie nach ordnungsmäfsiger Beendigung der
Lehrzeit mit 5% Zinseszinsen.“ Dieser das gesetzliche Mafs von „ein Viertel
des fälligen Lohnes“ überschreitende Betrag wird gültig einbehalten nur
wann dahei nicht der im Gesetz angegebene Sicherungszweck verfolgt wird.