446 II. Abschn. Zahlungszeit. 6. Kap.: Einbehaltung.
für das Werkzeug“! oder zur Sicherung einer Konventionalstrafe, die für
Übertretung eines Konkurrenzverbotes?, für Verletzung eines Fabrik-
geheimnisses, für Verderbung von Stoffen, für Verspätung der Lieferung
u. 8. w. vereinbart worden ist. — .
Die GewO. beschränkt in $ 119% „Lohneinbehaltungen, welche
von Gewerbeunternehmern zur Sicherung des Ersatzes eines ihnen
aus der widerrechtlichen Auflösung 'des Arheitsverhältnisses erwach-
senden Schadens oder einer für diesen Fall verabredeten Strafe aus-
hedungen werden“. ?
i. Dieser Thatbestand umfafst nicht die zahlreichen Aus-
bedingungen von Einbehaltung zur Sicherung der Fortsetzung des
Arbeitsverhältnisses bis zu einer gewissen Zeit — einer Einbehaltung,
die den Arbeitnehmer, der nicht verpflichtet ist, das Arbeitsverhältnis
bis zu jener Zeit fortzusetzen, sondern es durch ordentliche Kün-
digung vorher endigen kann, zur Fortsetzung bestimmen soll und
damit sein Kündigungsrecht ökonomisch beeinträchtigt*. Ein solcher
Einbehaltungsvertrag verstöfst auch nicht etwa gegen GewO. $ 122,
da die hiernach jedem Teil „freistehende“ Kündigung eine von
Rechtswegen freistehende ist, die aber durch Vertrag einem Teil
ökonomisch erschwert werden kann. Dagegen halten wir einen
solchen Vertrag für einen unmoralischen und darum ungültigen.
Es scheint uns gegen die guten Sitten zu verstofsen, dafs sich der
Arbeitnehmer zur Erduldung eines Vermögensnachteils verpflichte für
den Fall er von seiner Kündigungsfreiheit Gebrauch macht, während
die Kündigungsfreiheit des Arbeitgebers unbeschränkt bleibt. Dies
alles gilt nicht hlofßs für die Arbeitnehmer, auf welche sich GewO.
8 1192 bezieht.
2. Ausbedingung von Lohneinbehaltung zur Sicherung einer für
den Kontraktbruch verabredeten Strafe ist nur da vorhanden,
wo eine solche Strafe verabredet worden ist. Es gehört z. B. nicht
hierher eine Bestimmung wie die folgende: „Von diesem Lohn darf
die Beklagte eine Mark wöchentlich zur Ansammlung einer Kaution
1 Bericht der bayr. Fabrikinspektion für 1897 S. 19.
? Blätter f. soz. Praxis vom 22, Nov. 1894.
3 Wegen des Ausdrucks „widerrechtliche Auflösung des Arbeitsverhält.
nisses“ s, S. 59.
* z. B. Gleichheit 1900 Nr. 1 S. 7: Kaffeeverleserinnen bei einer Firma
in Lübeck, Einbehaltung von 25% des Wochenverdienstes bis Weihnachten;
wer vorher ausscheidet, geht des Einbehaltenen verlustig. Ebenso Gärtnerinnen
in Stendal: Gleichheit vom 23. Nov. 1898, Steinsetzer in Herford nach Vor-
wärts vom 14. April 1897 Gewerbegericht I, 4/5.